Heiliges Monster

■ „Paris was a woman“ von Greta Schiller im Panorama

Greta Schillers „Paris was a woman“ ist ein Dokumentarfilm über berühmte Frauen im Paris der 20er Jahre: Gertrude Stein, Sylvia Beach, Djuna Barnes, Colette, Janet Flanner und noch einige mehr. Zwischen Dokumentaraufnahmen aus dieser Zeit hat Schiller Interviewschnipsel geschnitten, u.a. mit der Fotografin Gisèle Freund und der Journalistin Janet Flanner.

Den Anfang machen Gertrude Stein und ihre Freundin Alice Toklas. Stein war 1903 zu ihren zwei Brüdern, Kunsthändlern, an das linke Seineufer gezogen. Schiller berichtet über Steins Freundschaft mit Picasso, die Beziehung zu Toklas und über den Salon, den Stein einmal die Woche abhielt. Wer auch immer später zur Avantgarde gehörte, traf sich dort. Insgesamt erfährt man nicht sehr viel Neues, aber die Bilder sind wirklich schön anzusehen, besonders die Verwandlung von Stein von einer durchschnittlich hübschen Frau in ein heiliges Monster. „Als sie sich die Haare abgeschnitten hatte, sah sie aus wie ein wunderschöner römischer Senator“, kommentiert Flanner unverfroren.

Schiller konzentriert sich auf die Beziehung der Frauen untereinander. Berühmte Männer kommen in diesem Dokumentarfilm nur am Rande vor. Das hat seinen guten Grund: Am Beispiel der Beziehung von Sylvia Beach zu James Joyce, für den sie sich finanziell ruinierte und der zum Dank sein Buch „Ulysses“ nicht bei ihr, sondern bei einem großen Verlag unterbrachte, dokumentiert Schiller, daß die Frauen im privaten Bereich mit ihren Geschlechtsgenossinnen häufig besser fuhren.

Djuna Barnes, die sich aus Kummer über ihre treulose Geliebte Thelma Wood fast zu Tode soff, würde diesen Satz allerdings kaum bestätigen wollen. Anja Seeliger

„Paris was a woman“, BG/USA/ BRD 1995, 75 Min., Regie: Greta Schiller

Heute um 11 Uhr im Filmpalast Berlin