Eine gerechte Strafe für Hundefeindlichkeit

■ Lob der Selbstjustiz: John Schlesingers Thriller „Eye for an Eye“ (Panorama)

In „Eye for an Eye“ bewegt sich John Schlesinger auf vertrautem Terrain: Die Konfrontation des Normalbürgers mit dem Bösen gehört zu seinen bevorzugten Themen. Die Geschichte einer Mutter (Sally Fields), die am Autotelefon miterleben muß, wie ihre Tochter vergewaltigt und ermordet wird, kommt jedoch leider nicht mit jener biblischen Gewalt über uns, die der Titel vermuten läßt.

Nach dem brutalen Mord beschränkt sich der Film zunächst auf eine Charakterstudie der Mutter: Die Geschehnisse haben sie traumatisiert. Zunehmend entfremdet sie sich vom Rest der Familie und verfällt in Lethargie. Schlesinger gelingt es immer wieder, ihren inneren Zustand durch den Umgang mit Gegenständen zu charakterisieren: Zum Beispiel wenn es fast zu einem Familiendrama um ein Kissen der Ermordeten kommt, das die kleine Schwester versehentlich mit Eiscreme bekleckert hat. Nachdem der Mörder – Kiefer Sutherland in einer extrem flachen Rolle – zwischenzeitlich gefaßt, jedoch aufgrund eines Verfahrensfehlers wieder freigelassen wurde, entwickelt sich Fields Charakter zunehmend zu einer potentiellen Rächerin, die Kampfsportunterricht nimmt und den Umgang mit Schußwaffen erlernt. Als sie schließlich in einer Tiefgarage einen vermeintlichen Verfolger zusammenschlägt, bleibt die Kamera nach der wortreichen Entschuldigung noch etwas länger auf ihrem Gesicht: Eine unheimlich wirkende Freude zeichnet sich dort ab. Am gleichen Abend schläft sie zum ersten Mal seit längerem wieder mit ihrem Mann.

Doch gerade als man glauben könnte, nun stehe uns ein spannendes Duell zweier Psychopathen ins Haus, streckt der Film vor einer herkömmlichen Thriller-Dramaturgie die Waffen: Eine FBI-Agentin redet ihr die Racheabsichten zunächst wieder aus, und erst ein weiterer Mord des Killers vermag sie erneut zu motivieren. Am Ende stellt sie dem Mörder eine Falle und erschießt ihn im Handgemenge. Das alles ist jedoch so vorhersehbar inszeniert, daß nur die Filmmusik einen Hauch von Spannung anzudeuten vermag. Nur wenige Szenen, in denen die Kamera Sutherland bei einem Gang durch sein heruntergekommenes Stadtviertel begleitet oder ihn in seinem schäbigen Hotelzimmer beobachtet, erinnern an Schlesingers Fähigkeit, Charaktere durch die Atmosphäre von Schauplätzen zu beschreiben. Bedenklich die offene Rechtfertigung der Selbstjustiz: Die Staatsanwaltschaft unfähig, die Polizei ohnmächtig, der Täter eine tierische Bestie. Wer grundlos gegen Mülltonnen tritt und Hunde mit heißem Kaffee verbrüht, der muß ganz einfach sterben. Lars Penning

„Eye for an Eye“. USA 1995, 101 Min. Regie: John Schlesinger. Mit Sally Field, Kiefer Sutherland

Heute um 19 Uhr im Royal Palast. Wh. am 22.2. um 19 Uhr im Atelier am Zoo, am 26.2. um 17 Uhr im International