Stahlbetonlyrik in Prenzlauer Berg

■ Freischwebendes Dachkonstrukt der Radhalle ist fertig

Für den CDU-Frischling im Bauressort, Jürgen Klemann, war es die erste Gelegenheit, sich in wohlklingender Baustellenprosa zu üben. „Der Entwurf von Dominique Perrault ist ebenso einfach wie genial“, übte Klemann und kam gleich darauf zum Höhepunkt: „Das riesige Bauwerk verschwindet im Erdboden, zu sehen sind lediglich die Dächer.“

Feierlicher Anlaß für die Klemannschen Jamben war die Fertigstellung der freischwebenden Dachkonstruktion über der im Rohbau fertigen Radsporthalle an der Landsberger Allee. 142 Meter im Durchmesser mißt das 4.000 Tonnen schwere Stahlkonstrukt und ist damit, so Klemann, „viermal“ so schwer wie der Funkturm auf dem Messegelände. Fazit des Bausenators: „Mit dieser weltweit einzigartigen Dachkonstruktion ist Berlin um eine Attraktion reicher.“ Und um ein paar Millionen ärmer. 290 Millionen Mark kostete die Radhalle, die mit der danebenliegenden Schwimmhalle und der „Max-Schmeling-Halle“ am Jahnsportpark eigentlich zu den „tragenden Säulen“ der Berliner Olympiabewerbung gehörte. Olympisch nennt sich nach dem Debakel in Monte Carlo freilich nur noch der Bauherr, die „Olympia-Sportstätten-Bauten“ (OSB). 750 Millionen verbaut die OSB in den drei „Eigentlich“-Olympiahallen und hatte sich damit, wie auch der alte Bausenator Wolfgang Nagel, den Ärger derer zugezogen, die meinten, solche Summen anderweitig sinnvoller einsetzen zu können. Doch Grund zur Sorge besteht für die Nach-Olympioniken kaum: Klemanns warnenden Worten – „Wer einen Rohbau finanziell strecken würde, würde einen großen Fehler machen“ – stimmte Finanzstaatssekretär Frank Bielka (SPD) nickend zu.

So deckelt nun also ein auf 16 Betonpfeilern ruhendes kreisrundes Stahldach das Millionengrab Radsporthalle, das im nächsten Jahr mit dem Sechstagerennen zum Leben erweckt werden soll. Eine Attraktion ist es aber schon jetzt. In der Stahlbetonlyrik des OSB über das städtebauliche Konzept des Architekten Perrault geht das so: „Diese großräumige grüne Vernetzung des Volksparks Friedrichshain mit dem Volkspark Prenzlauer Berg und dem Sportforum Hohenschönhausen ist eine poetische Antwort auf eine noch desolate Umgebung.“ In der Rezension des Bausenators heißt es zum selben Thema: Die Architektur „nimmt sich sogar zugunsten einer weitflächigen Grünlandschaft zurück, ohne dabei auf Außergewöhnlichkeit und Innovation zu verzichten“. Von der Spitzhacke zum Spitzweg ist es eben doch nur ein kleiner Schritt. Uwe Rada