■ Charlotte Höhns Demographie-Institut wird nicht aufgelöst
: Glatt gelogen, Herr Kanther!

Manfred Kanther hat sich aus der Affäre gezogen. Ende 1994 verkündete der Bundesinnenminister zum Abschluß des Disziplinarverfahrens gegen die Bevölkerungswissenschaftlerin Charlotte Höhn, man werde sie zwar nicht belangen, das von ihr geleitete Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) werde jedoch ins Statistische Bundesamt eingegliedert, sprich: aufgelöst. Vorausgegangen war öffentlicher Druck: Selbst der CDU-Abgeordnete Horst Eylmann hatte im September 1994 gefordert, „überflüssige Behörden wie diese abzuschaffen“, und Burkhard Hirsch (FDP) meinte, es gebe keinen Grund, das Institut als eigene Behörde weiterzuführen. Die Auflösung des Instituts schien die eleganteste Lösung, die Institutsleiterin loszuwerden, die mit ihren von der taz öffentlich gemachten Äußerungen über die „niedrigere Intelligenz“ von Afrikanern die deutsche Delegation bei der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo in Verruf gebracht hatte.

Doch nichts da: Ein Jahr später ist aus dem Hause Kanther nur lapidar zu erfahren, daß man gar nicht daran denke, das Institut aufzulösen. Damals hatte der Minister immerhin noch mitgeteilt, dessen Leiterin habe „mangelndes Gespür“ gezeigt. Damit ersparte er sich geradeso den Vorwurf, rassistische Äußerungen von leitenden Mitarbeitern seiner Behörde zu decken. Nun hat Kanther genau das getan.

Die öffentliche Ankündigung, das Bundesinstitut werde aufgelöst, das organisatorische Verfahren sei bereits eingeleitet, war eine glatte Lüge, eine offenbar vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit, um die lästige Presse loszuwerden. Zugleich sollte das Ausland beruhigt werden, das auf den Vorwurf des Rassismus an eine führende Persönlichkeit der deutschen Bevölkerungswissenschaft und Konferenzdiplomatie nicht allzu positiv reagiert hatte. Und dann: abwarten. Nichts tun. Wissen, daß das Bundesinstitut normalerweise im verborgenen wirkt, daß sich niemand wirklich dafür interessiert, ob eine wegen rassistischer Äußerungen ins Gerede geratene Wissenschaftlerin weiter eine solche Institution leitet.

Kanther zeigt, daß ihm politische Hygiene nur solange ein Wert ist, wie er unter öffentlichem Druck steht. Ist der durchgestanden, dann werden rassistische Äußerungen wie die der Charlotte Höhn wieder zu dem, als was sie im rechten Sumpf schon immer angesehen wurden: ein Ausrutscher, im Grunde harmlos, kann doch jedem mal passieren. Bernd Pickert