Guter Rat kann teuer werden

■ Für eine Hamburger Privatbank brachte ein "Focus"-Artikel den "Schwarzen Montag". Die 1.000 Aktionäre der Mody Bank fordern nach der Pleite jetzt Schadenersatz in Millionenhöhe vom Verlag

Hamburg (dpa/taz) – Nicht nur eine falsche Story, sondern auch die irreführende Aufmachung einer Geschichte kann Schadenersatz kosten. Und zwar nicht zu knapp. Nachrichtenmagazine, die nicht nur Fakten, Fakten, Fakten bringen, sondern vor allem Ratgeber sein wollen („Der Wucheratlas“), haben damit gelegentlich besondere Probleme. Zum Beispiel, wenn sie über die privaten finanziellen Probleme eines Bankiers berichten. Dann liegt es nämlich nahe, den Beitrag auf der Titelseite so richtig volksnah anzukündigen: „Hamburger Privatbank in Not – Kunden zittern um ihr Geld“.

Nur zu dumm, daß mittlerweile das Hamburger Landgericht festgestellt hat, daß die Mody Bank sich bis zum Erscheinen des Focus- Artikels im Januar 1995 „nicht in Zahlungsschwierigkeiten befunden“ hat. Die gingen dann aber prompt los. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sozusagen. Nachdem Focus-Chef Helmut Markwort auch noch in einem Fernsehspot kommentiert hatte, „da können viele Menschen ihr Geld verlieren“, wollten genau das alle Kunden der kleinen Bank verhindern und hoben eiligst ihr Erspartes ab. Nach zwei Tagen war der Tresor leer.

Die Mody Bank handelte mit dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ein Moratorium aus und zahlt den Sparern ihr restliches Geld in Raten zurück, die letzte wird im Juni fällig, dann soll die Bank endgültig liquidiert werden. Ihr Geld verloren haben dann in jedem Fall die mehr als 1.000 Aktionäre. Die fordern jetzt von Focus Schadenersatz in Millionenhöhe. Eine Feststellungsklage, die ihr Anwalt letzte Woche beim Hamburger Landgericht eingereicht hat, soll ihren grundsätzlichen Anspruch bestätigen. Nicht umsonst hatte sich die Bank von den Kunden, die an jenem Schwarzen Montag, an dem der Focus-Artikel erschienen war, ihr Geld abhoben, den Zusammenhang schriftlich geben lassen.

Focus fühlt sich allerdings nach wie vor im Recht, so der stellvertretende Chefredakteur Manfred Schumacher. Schon vor einer Weile hatte der Justiziar des Burda-Verlags dem Spiegel angekündigt, daß die Bank schon vor dem Artikel zahlungsunfähig gewesen sei. Doch in seinem ersten vorliegenden Urteil hat das Hamburger Landgericht Focus „grobe Fahrlässigkeit“, „unzureichende Recherchen“ sowie einen „erheblichen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht“ bestätigt.

Wie teuer das werden kann? Bank-Vorstand Otto Graf zu Eulenburg hat den Verkehrswert seiner Bank zum Zeitpunkt des Focus-Artikels auf rund 24 Millionen Mark geschätzt. Daran ginge Focus nicht pleite. MR