■ Urdrüs wahre Kolumne: Derrick auf dem Vulkan
Treff für Mountain-Biker, Caravaner, Surfer und andere Freunde des grobsportlichen Unfugs war gute zwei Wochen lang die Ausstellung Auto-Boot-Freizeit auf dem hannoverschen Messegelände. Und zwischen Schweißband-Hostessen der Fitness-Branche und Neuheitenverkäufern mit Brötchengesicht lungerten dort auch ein paar Blaue Jungs von der Marine herum. Quatschen ohne jedes erkennbare Schamgefühl minderjährige Zahnspangenträger an, um diese für U-Boote und Flugzeugträger zu begeistern. Kleben schließlich ungebeten ihren Aufkleber „Eine ganz starke Truppe“ an einen Buggy mit vielleicht zweijährigem Inhalt und veranlassen damit die dazugehörige resolute Oma zu der Aufforderung: „Sofort den Quatsch weg, sonst setzt es was.“ Leider kommt die starke Truppe der Aufforderung sofort nach – und dabei hätten wir so gern die Durchführung der angedrohten Strafaktion erlebt. Beim nächsten Mal bitte ohne Vorwarnung, gnädige Frau!
Angebote toleranter Ehepaare für Gleichgesinnte fast ohne Tabu finden sich im Wochenend-Kleinanzeigenteil bundesdeutscher Zeitungen inzwischen sehr viel häufiger als etwa für private Russisch-Kurse. Und beim Gala-Essen zum Abschluß des Wahlkampfbesuchsvon Gospodin Helmut Kohl bekannte Gastgeber Boris Jelzin nach dem Kanzlerwort „Natürlich ist er mein Freund, auch wenn er mal schlechte Zeiten hat“ in überaschendemFreimut: „Wir finden sogar gegenseitiges Gefallen an unseren Frauen!“ Warum muß der treue TAZ-Leser unbedingt in Deutschlands größte Tageszeitung schauen, um von Mainhardt Graf Nayhauss zu erfahren, wie die Triebkräfte der aktuellen Politik tatsächlich aussehen?
WAS TUN? fragt sich derzeit Bremen im Todeskampf des Vulkan. Daß der ausgediente Sparkassenangestellte Ulli Nölle „jetzt hilft nur noch beten“ als Strategie formuliert, mag durchgehen lassen, wer die Deutsche Bank ohnehin schon als Tempel des neuen Jerusalem ausgemacht hat. Die Vulkanesen selbst aber sollten es besser mit der Aufforderung des militanten Kämpfers für Gerechtigkeit, Horst „Derrick“ Tappert, halten, der jetzt in BILD als aktuelle Weisung für das Bremer Proletariat ausgab: „Man muß in den oberen Etagen aufräumen!“ Jawoll, Stefan. Und dann bauen wir die „Costa“ um in ein Piratenschiff mit 8 Segeln, und es wird ein Geschrei sein im Vegesacker Hafen, und dann heißt es „Hoppla“ und wir stürmen das Winterpalais!
Nicht nur die Arbeitnehmerschaft des kleinsten deutschen Bundeslandes hat ihre Probleme – auch der Gewerbetreibende hat seine liebe Not mit Insolvenzen und schleppendem Zahlungseingang. So hat der umsichtige Wirt der freundlichen Haake-Beck-Kneipe eigenhändig das altvertraute Schild über seinem Tresen ergänzt, auf dem zu lesen ist „Kredit nur an über 80-jährige in Begleitung ihrer Eltern.“ Mit dickem Filzstift jetzt dazugeschrieben: „Außerdem erforderlich polizeiliches Führungszeugnis, Schufa-Auskunft und Bankbelege des letzten Quartals.“ Zur Nachahmung empfohlen für die Herren Wirtschaftsförderer auf der Suche nach Betreibern für Ocean Park, Space Park und Mjusicäl ...
Ganz ohne jedes Augenzwinkern rührend fand ich die Annonce von Antje aus Braunschweig im Lokalteil dieser eurer Tageszeitung: „Hallo Bernd, bist Du am Freitag, dem 23. und 24. Februar im Molly Malone in HH? Ich werde dort sein!“ Trau Dich, Bernd, und wenn's am Fahrgeld fehlt: Hau doch morgen auffem Bahnhof Richtung Hamburg jemand mit Wochenendticket an. Und grüß die Antje! Ich segne Euch – es muß doch Frühling werden!
Herzlichst
Ulrich Reineking- Kuppelmutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen