„Eine Große Koalition wird es nicht geben“

■ Mit seinem Festhalten am Koalitionspartner FDP stemmt sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) gegen den Bundestrend der Wählerentwicklung

taz: Überall hoffen Sozialdemokraten, daß die FDP endlich von der politischen Bildfläche verschwindet. Sie dagegen hoffen, daß die FDP am 24. März die Fünfprozenthürde überspringt.

Beck: Wir haben hier erfolgreich gearbeitet. Wir haben das Land ein großes Stück voran gebracht. Und deshalb hoffe ich, daß ich – wenn ich wieder einen Koalitionspartner brauchen sollte – diese Koalition fortsetzen kann, weil es viele Gemeinsamkeiten gibt und die Arbeit dann fortgesetzt werden kann.

Oskar Lafontaine will eine rot- grüne Koalition anstreben. Was haben Sie gegen die Bündnisgrünen?

Das eine ist die Bundesebene, das andere ist die Landesebene. Ich handle aus meinen Erfahrungen heraus. Die Grünen in Rheinland-Pfalz haben mit der jetzigen Besetzung eine beachtliche Oppositionsarbeit geleistet. Aber sie haben die Menschen, die bislang die Arbeit in Partei und Fraktion getragen haben, schlicht und einfach fast alle abgewählt. Die neuen handelnden Personen kenne ich fast alle nicht. Daneben muß man sehen, daß die Bündnisgrünen Anträge etwa zum Haushalt eingebracht haben, mit denen man in Rheinland-Pfalz nicht auskommen kann. Ich kann doch nicht, wie von den Grünen gefordet, zu 100 Prozent alle Straßenbaumittel aus dem Haushalt herausstreichen. Da müßten wir Brücken sperren und andere angefangene Projekte halbfertig in der Landschaft stehen lassen. Die Grünen müssen also noch einen ordentlichen Zahn zulegen, um als gesamtverantwortlich handelnde Partei gelten zu können.

Ihr Koalitionspartner FDP profiliert sich vor der Landtagswahl als Steuersenkungspartei, Stichwort: Solidaritätsabschlag.

Die FDP in Mainz will dem Land ja nicht in die Tasche greifen. Die Regierung hier wird einer Regelung, wie sie die Bundesregierung vorgeschlagen hat, nicht zustimmen – aus der Interessenlage des Landes heraus. Das würde Rheinland-Pfalz 280 Millionen Mark kosten. Das ist nicht tragbar. Und das werden wir so nicht mitmachen. Mit Herrn Lambsdorff würde ich nicht koalieren. Aber ich möchte nicht nur über Koalitionen spekulieren, denn ich hab' selbst etwas zu bieten. Koalitionen sind immer nur Bündnisse auf Zeit...

Falls die Wählerstimmen für eine Neuauflage der gelb-roten Koalition nicht reichen, werden Sie dann mit den Bündnisgrünen und mit der CDU verhandeln?

Eines sage ich ganz klar: Eine Große Koalition wird es in Rheinland-Pfalz nicht geben.

Wo setzen Sie die programmatischen Schwerpunkte für die kommende Legislaturperiode?

Zunächst einmal geht es um die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen. Daneben haben wir große Anstrengungen zu unternehmen, um die Folgen der Konversion in den Griff zu bekommen. Da sind wir mehr betroffen als jedes andere Bundesland...

...Gerade da hat sich doch wenig getan. Das sogenannte 18-Punkte-Programm, das Sie von der Vorgängerregierung übernommen haben, wurde doch nur ansatzweise abgearbeitet...

Das sehe ich völlig anders. Richtig ist, daß wir im zivilen Bereich wieder mehr Arbeitsplätze geschaffen haben, als vorher Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig waren. Natürlich ist es nicht so, daß wir die durch den Abzug vor allem der US-Amerikaner verlorengegangene Kaufkraft wieder voll ausgleichen konnten. Da muß noch einiges entwickelt werden. Aber das ist auch eine gigantische Herausforderung. Wir haben alleine 8.600 Hektar Fläche zu vermarkten – das ist mehr als Rheinland-Pfalz bislang insgesamt an Industrie- und Gewerbefläche hat. Das geht alles nicht von jetzt auf nachher. Und wir sind ja auch nicht alleine Herr der Verfahren. Da mischen Nato, Bundeswehr und Bundesfinanzministerium mit. Da müssen viele der insgesamt 640 Liegenschaften zunächst einmal von Altlasten befreit werden. Und das sind alles ohnehin strukturschwache Regionen. Gemessen an all dem, bin ich mit dem, was wir bisher erreicht haben, hochzufrieden.

Die Bündnisgrünen werfen Ihnen vor, daß Sie – trotz der strukturellen Defizite – zu wenig für die Erschließung dieser Regionen durch den ÖPNV getan hätten?

Von keinem anderen Land wurde bislang soviel Geld für den Schienenverkehr ausgegeben. Wir haben stillgelegte Strecken wieder in Betrieb genommen, wir haben über 20 neue Züge gekauft. Es gibt den Rheinland-Pfalz-Takt in den Ballungsgebieten, durch den der Anteil der Menschen, die wieder die Bahn benutzen, deutlich, nämlich um 43 Prozent gestiegen ist. Das sollten die Grünen doch unterstützen und nicht kritisieren.

Interview: Klaus–Peter Klingelschmitt