Diplomatische Offensive des Iran

■ Kompromißentwurf zum Stopp von Atomwaffentests

Genf (taz) – Mit einem „Kompromißentwurf“ für einen umfassenden Atomwaffenteststopp- Vertrag (CTBT) versucht der Iran sein Standing im Westen zu verbessern. Der Entwurf, den Außenminister Ali Akbar Velayati gestern in die Genfer UNO-Abrüstungskonferenz einbrachte, vermeidet die von den USA und den anderen Nato-Staaten entschieden abgelehnte verbindliche Verknüpfung zwischen einem Teststoppvertrag und einer vollständigen Abrüstung der atomaren Waffenarsenale. Mit dieser Verknüpfung, die in Genf von Indien und anderen Ländern des Südens gefordert wird, sollten zumindest Aufnahme und Termin von formellen Abrüstungsverhandlungen festgelegt werden. Der iranische Kompromißentwurf „proklamiert“ lediglich in seiner Präambel das „prinzipielle Ziel, eine Vereinbarung über die vollständige Abschaffung atomarer Waffen in schnellstmöglicher Frist zu erreichen“.

Indiens Forderung, neben herkömmlichen Explosionsversuchen auch andere Tests und Verfahren zur Entwicklung neuer Atomwaffen ausdrücklich zu verbieten (wie die „subkritischen Tests“ unterhalb der Schwelle nuklearer Kettenreaktionen oder die von den USA und Frankreich geplanten Computersimulationen), ist in dem iranischen Entwurf nicht mehr enthalten.

Im Gepräch mit Journalisten machten Velayati und seine Diplomaten keinen Hehl daraus, daß die Vorlage des „Kompromißentwurfs“ Teil einer diplomatischen Initiative ist, um Teheran aus der Isolation zu bringen. Die Beziehungen Irans zur EU seien „besser als je zuvor“, erklärte der Außenminister. Als besonders gut wurde das Verhältnis zu Deutschland beschrieben. Die USA bemühen sich seit geraumer Zeit, die EU-Staaten für Sanktionen gegen Iran wegen „staatlich gefördertem Terrorismus“ zu gewinnen.

Velayati schloß nicht aus, daß die im Januar in Teheran aufgenommenen Geheimverhandlungen mit der EU über eine Abmilderung der Fatwa gegen Salman Rushdie noch vor Beginn der Jahrestagung der UNO-Menschenrechtskommission am 18. März eine Vereinbarung erbringen. Teheran hofft, während dieser Sitzung eine Verurteilung wegen besonders „massiver Menschenrechtsverletzungen“ vermeiden zu können. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres hatte Teheran zum ersten Mal seit 1991 Sonderberichterstatter der UNO-Menschenrechtskommission ins Land gelassen. Andreas Zumach