Kampf um den Wald

Der Konflikt zwischen Brasiliens Indianern und gewalttätigen Holzfällern fordert einige Todesopfer  ■ Aus Rio Astrid Prange

Brasiliens Indianer setzen sich zur Wehr. Seit vergangenen Freitag verscheuchen Angehörige des Stammes Xavantes aus dem brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso Holzfäller aus ihrem Reservat in der Nähe des Städtchens Campinapolis. Bei den gewaltsamen Zusammenstößen starben drei Holzarbeiter, zwei weitere und ein Indianer wurden verletzt. Die brasilianische Indianerbehörde „Funai“ schickte am Donnerstag einen Anthropologen, einen Indianerexperten sowie Beamte der Bundespolizei in die Region.

Nach Angaben der Indianerbehörde Funai begann der Konflikt am vergangenen Freitag, als Xavantes-Indianer Holzfäller in ihrem Reservat dabei ertappten, Mahagonibäume zu fällen. Um weiterarbeiten zu können, hetzten die Holzfäller Hunde auf die Indianer. Xavante-Indianer Joao Werede, zugleich Repräsentant der Funai in dem Reservat, versuchte, die Hunde mit Schüssen zu vertreiben. Die Holzfäller reagierten und verletzten den Indianer mit einem Schuß durch die Brust. Werede schoß zurück und traf dabei den Holzfäller Simao José Pereira tödlich. „Am Montag stürmten die Xavantes das Haus der Verwandten des Holzfällers in Campinapolis und brachten mit Pfeil und Bogen, Schlagstöcken und Messern zwei Weiße um“, erklärt Katia Vasco, Mitarbeiterin beim katholischen Indianermissionsrat „Cimi“. Nach Angaben der Pfarrei in Campinapolis hat der Bürgermeister die Familienangehörigen der Holzfäller jetzt aufgerufen, die Stadt zu verlassen, um weitere Zusammenstöße zu vermeiden.

Nach brasilianischem Recht unterstehen die Ureinwohner Brasiliens der Vormundschaft der Funai. Nur auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin werden Indianer als vollwertige Staatsbürger anerkannt. Doch die Xavantes sind mit der staatlichen brasilianischen Fürsorge nicht zufrieden. Erst vor zwei Wochen besetzten sie aus Protest gegen die mangelnde Gesundheitsversorgung in ihrem Reservat die Funai-Behörde in der Hauptstadt Brasilia. Funai-Chef Marcio Santilli wurde von den zornigen Indianer für mehrere Stunden in der Garage eingesperrt und mußte vor laufenden Fernsehkameras erklären, warum es in dem Reservat keinen einzigen Gesundheitsposten gibt.

Nicht nur die staatliche Fürsorge für Brasiliens Ureinwohner läßt zu wünschen übrig. „Invasionen in Indianerreservate sind die Regel, weil weder die Funai noch die Umweltbehörde Ibama die Gebiete der Ureinwohner effektiv schützt“, beschwert sich Katia Vasco. Seit der Aufhebung des Dekretes 1.775 im Januar hat sich die Situation zusätzlich verschärft. Seither haben Gemeinden, Bundesländer oder betroffene Grundbesitzer das Recht, gegen die Ausweisung von Gebieten als indianischem Gemeindebesitz Einspruch einzulegen. Funai-Sprecher Edson Luis verteidigt die Revision des Dekretes. „Jetzt müssen Einsprüche spätestes innerhalb von drei Monaten eingebracht werden. Das beschleunigt den Demarkationsprozeß“, erklärte Luis gegenüber der taz.