DGB-Aufruf zur Jagd auf Illegale

■ Mit Razzien, Denunziation und Abschiebung gegen illegale Beschäftigung / Kritische GewerkschaftlerInnen auf den Barrikaden Von Silke Mertins

Die Scham ist vorbei. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Hamburg hat seine Sündenböcke für Arbeitslosigkeit und Lohndumping gefunden: illegal arbeitende AusländerInnen. In einer nicht-öffentlichen Tagung am kommenden Dienstag im Gewerkschaftshaus sind handverlesene Diskussionsteilnehmer aus den Reihen von Polizei, Staatsanwaltschaft, Zollamt, Innenbehörde, Arbeitsamt und Bürgerschaft geladen, um über „effizientes Handeln“ in Sachen illegale Beschäftigung zu beratschlagen.

Grundlage des „Bündnisses gegen illegale Beschäftigung“ ist ein gemeinsamer Beschluß mit der Wirtschaftsbehörde, in dem jegliche Arbeit jenseits von Lohnsteuerkarte und Tarifvertrag gegeißelt wird. Unternehmen, die aus illegaler Beschäftigung üppige Profite schöpfen, und ArbeiterInnen, die aus diversen Notlagen heraus diese Arbeit annehmen, werden gleichermaßen „sozial geächtet“. Ein „schlagkräftiges Team“ aus Zoll und Polizei soll dafür sorgen, daß Razzien – vor allem auf Baustellen – die illegal Beschäftigten außer Landes befördern und schwarzarbeitende Sozialhilfe- oder Arbeitslosengeld-Empfänger den Ämtern gemeldet und bestraft werden.

„Statt für Razzien einzutreten und gegen SchwarzarbeiterInnen vorzugehen, ist die Solidarität aller hier lebenden Menschen gegen Polizeiwillkür, Abschiebungen und Niedriglöhne gefragt“, empört sich das „Komitee Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in einem Protestaufruf. Zum Komitee gehören „Menschen aus gewerkschaftlichen und antirassistischen Gruppen“, zum Beispiel Peter Birke aus dem Vorstand der IG Medien: „Dieses Bündnis suggeriert in seiner Tendenz, daß ausländische Arbeitnehmer die Schuldigen sind“, kritisiert Birke. Er will im Vorstand einen Beschluß gegen den DGB-Vorsitzenden Erhard Pumm initiieren.

Unerträglich sei es, daß der DGB „rassistische Erklärungsmuster“ für Erwerbslosigkeit und Lohndumping anbiete. „Während die illegal Beschäftigten in ihrer Existenz bedroht sind, kommen Arbeitgeber mit ,Peanuts' davon.“

Daß kein Unternehmer mit mehr als einer Geldstrafe zu rechnen hat, muß auch der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und DAG-Sekretär Uwe Grund zugeben. Doch das Komitee-Protestschreiben sei „Hirnriß im Kubik“ und „begreift die soziale Wirklichkeit nicht“. Razzien und Abschiebungen seien „völlig richtig“, wenn „diese Menschen sich mißbrauchen lassen“. Zwar würde tatsächlich „mit viel zu wenig Konsequenz und Härte“ gegen Unternehmen vorgegangen. Doch andererseits: „Wir haben nun mal zu wenig Arbeitsplätze.“

„Die Sorgen und Ängste der Arbeitnehmer sind berechtigt“, so Dirk Hauer, GAL-Referent für Sozialpolitik. Doch der DGB, allen voran Schwarzarbeit-Meinungsführer IG Bau, begegne diesen Sorgen mit nationalistischem Kurs. Dabei, so Hauer, „haben Billiglöhne mit Nationalität nichts zu tun“ – auf den Kotug-Schleppern arbeiten Rostocker – „und zum anderen ist es falsch, die Vertreibung von Arbeitnehmern mit Razzien zu propagieren.“

Protestaktion vor dem Gewerkschaftshaus, Dienstag, 12.30 Uhr.