■ Terry Gilliam
: Botschaften in Sachen Romantik

Obwohl man ihn ewig mit „Monty Python's Flying Circus“ assoziieren wird, ist sein Name bekannter als sein Gesicht: Terry Gilliam war in der berühmten Nonsens- und Satireshow hauptsächlich für die Animationssequenzen zuständig. Die berühmte Überleitung „And now for something completely different“ läßt sich auf seine Kinofilme jedoch nicht anwenden: Stets verfilmt Gilliam Variationen des immer gleichen Themas. Schon in den frühen Trickfilmen zeigen sich die Inspirationsquellen und Sujets, die auch Gilliams spätere Arbeiten dominieren: Der brutale Kampf zwischen Autorität und Kreativität, ein rabenschwarzer Humor und sein Faible für das Mittelalter und die Kunst.

So läßt er sich beispielsweise für die Darstellung der mittelalterlichen Welt in „Jabberwocky“ (1977) von den Höllenvisionen flämischer Meister anregen. In Gilliams Filmen triumphieren Phantasie, Träume und Visionen meist über die Realitäten des Alltags, seine Helden sind Kinder, Träumer und Verrückte. In „Time Bandits“ (1981) entflieht ein kleiner Junge seinen langweiligen Eltern, indem er mit einigen Zwergen eine Zeitreise durch die Jahrhunderte macht. „Die Abenteuer des Baron Münchhausen“ (1988) werden nur deshalb wahr, weil ein junges Mädchen als einzige an den Lügenbaron glaubt. Und wenn Robin Williams sich in „The Fisher King“ (1991) auf die Suche nach dem heiligen Gral macht, lassen die Visionen des Verrückten inmitten der Wolkenkratzer Manhattans sogar ein Schloß mit Freitreppe entstehen, der Central Park wird zum Märchenwald und eine Bahnhofshalle verwandelt sich in einen Ballsaal. „Brazil“ (1984) ist Gilliams schärfste Warnung vor einer übertechnisierten Welt voller Bürokraten und vor einer Informationsgesellschaft, in der keine Inhalte mehr vermittelt werden.

Untersicht und die Verwendung von Weitwinkelobjektiven verzerren die Perspektiven und schaffen eine alptraumhafte Welt, in der ein kleiner Archivangestellter des Informationsministeriums in die Mühlen des Systems gerät. Nur in seinen Träumen ist er der strahlende Streiter für Wahrheit und Liebe und verliert über dieser Diskrepanz letztlich den Verstand. Gilliams Fantasy- und SF-Produktionen sind nie nur reine Abenteuerfilme, wie alle Satiriker möchte er der Welt gern seine Botschaft vermitteln. Terry Gilliam gehört zu den letzten Romantikern. Lars Penning