Giftiges Millionenerbe aus Flugzeugabsturz

■ Die bankrotte Firma eines Verunglückten hinterläßt acht Millionen Mark Schulden und ein völlig verseuchtes Gelände

Der bislang ungeklärte Cessna- Absturz kommt vermutlich den Steuerzahler teuer zu stehen. Wenn sich kein Rechtsnachfolger für Kristian Benzmann, den alleinigen Gesellschafter der Farben- und Lackfirma „Chemulack“ in Steglitz, findet, dann geht das stillgelegte Unternehmen und mit ihm alle seine Altlasten in Staatsbesitz über. Das erklärten übereinstimmend der Justizpressesprecher Rüdiger Reiff und der Umweltstadtrat des Bezirks Steglitz, Udo Bensel (Bündnisgrüne), gegenüber der taz. Benzmann stand auf der Passagierliste des Unglücksjets, der am Rosenmontag bei Freilassing auf bislang ungeklärte Weise abgestürzt war. Dabei starben alle zehn Insassen.

Ob Familienangehörige das Erbe von Chemulack übernehmen wollen, erscheint äußerst fraglich. Denn den Rechtsnachfolgern von „Chemulack“ drohen gewaltige Kosten: Der restliche Sondermüll der verwaisten Firma muß beseitigt, das Betriebsgelände muß saniert werden. Die Sanierung des verseuchten Grundstücks kann Kosten in möglicherweise dreistelliger Millionenhöhe verursachen.

Das Unternehmen wird derzeit abgewickelt, seitdem es vom Umweltamt des Bezirks Steglitz Mitte Dezember 1993 stillgelegt wurde. Das Hauptproblem von „Chemulack“ sind nicht die Verbindlichkeiten bei Gläubigern in Höhe von 8 Millionen Mark, sondern es ist das hochgradig kontaminierte Firmengelände. Der Grund an der Goerzallee 303 ist durch jahrzehntelange unsachgemäße Lagerung von Lackresten und Verdünnungsmitteln verseucht, und zwar so erheblich, daß auch das Grundwasser verunreinigt wurde. „Wegen schwerer Umweltgefährdung“ hat die Umweltkripo zweieinhalb Jahre gegen Firmenchef Benzmann ermittelt. Nun sollte die Staatsanwaltschaft darüber entscheiden, ob Anklage erhoben wird.

Die Sanierung des Bodens wird kaum mit 865.000 Mark zu bewerkstelligen sein, so wie es ein Bodengutachten von Jürgen Tesdorpf aussagte. Tesdorpf war von Benzmann beauftragt worden. Auch Tesdorpf gehört zu den mutmaßlichen Insassen des Unglücksjets. „Der hätte doch jedes Gutachten geschrieben“, sagt Umweltstadtrat Bensel.

Doch aus leidvoller Erfahrung weiß Bensel: So billig ist eine Bodensanierung nicht zu haben. Erst im letzten Jahr wurde die Sanierung eines Geländes der Farben- und Lackfirma Kalisch abgeschlossen. Die Kosten betrugen 65 Millionen Mark. Bereits für diese Verseuchung mußte der Steuerzahler an Stelle des Unternehmens und der ursprünglichen Grundeigentümer aufkommen. Im Fall Chemulack drohen nun aber noch höhere Kosten, weil das Gelände größer ist.

Dagegen wirken die 100.000 Mark, die vermutlich für die Entsorgung von 100 Tonnen Sondermüll berappt werden müssen, wie „Peanuts“. Diese 100 Tonnen – Lacke, bei denen das Verfallsdatum drei Jahre zurückliegt – hatte der Abwickler der Firma noch vergangene Woche für 45.000 Mark nach Polen verscherbeln wollen. Dieser Abwickler war von Benzmann eingesetzt, war wie Benzmann mehrfach vorbestraft und befand sich wie Benzmann in dem Unglücksjet. Es war Gottfried Hoffmann, der 49jährige Organisator des Unglücksfluges nach Salzburg. Christoph Oellers