Peanuts aus Florida zurück

Jürgen Schneider ist wieder daheim: Der Immobilien-Bankrotteur und seine Ehefrau trafen gestern auf dem Rhein-Main-Flughafen ein  ■ Aus Frankfurt Klaus-Peter Klingelschmitt

Alle warten nur auf IHN – gestern morgen auf dem Rollfeld des Frankfurter Flughafens. Die Kameras von rund einem Dutzend Fernsehanstalten sind aufgestellt, zig PhotographInnen halten sich bereit. Und die winterfest eingemummten Vertreter der schreibenden Zunft zücken verzückt die Bleistifte.

Minus sieben Grad Celsius auf Rhein-Main. Mehr als zwei Stunden trotzen die meisten der JournalistInnen, die hinter den Absperrgittern des Bundesgrenzschutzes und der Polizei versammelt sind, schon der Kälte. Nur der von der Flughafen AG servierte heiße Kaffee rettet sie vor Erfrierungen ersten Grades. Sie warten tatsächlich nur auf IHN – nicht auf Mick Jagger und auch nicht auf Bill Clinton. Sie warten auf den gelernten Maurer mit der Halbglatze und den obligatorischen Hochwasserhosen: auf Dr. Jürgen Schneider, den Ex-Baulöwen, Bankrotteur und Biertrinker aus Königstein im Taunus.

Punkt 8.20 Uhr rollt die Boeing 747 der Lufthansa mit dem Namen „Niedersachsen“ langsam und mit einem graziös wirkenden Schwenk direkt vor dem Pulk der JournalistInnen aus. Fünf PolizeibeamtInnen und zwei Staatsanwälte entern rasch die Gangway. Die Tür öffnet sich. Und heraus kommt zunächst einmal Frau Claudia Schneider- Granzow, die Ehefrau des Objektes der Medienbegierde. Wie eine Filmdiva stolziert „die Schneider“ im braunen, pelzbesetzten Mantel die Treppe hinunter und besteigt die bereitgestellte Wanne der Polizei.

Und dann kommt ER – im leichten schwarzen Blazer und mit offenem blauem Hemd: „Florida-dreaming on such a winter's day.“ Das Gesicht des 59jährigen ist vom langen Flug in der vom BKA exklusiv gebuchten First class von Miami über Chicago nach Frankfurt leicht zerknittert. Und schon bilden sich wieder Legenden. Kleinlaut dementierte Schneiders Anwalt, daß über Neufundland der Flug fast abgebrochen werden mußte, weil Journalisten tumultartig das Erste- Klasse-Abteil zu stürmen versucht hätten. Nichts ist wahr, alles ist Show, auch die Deutsche Bank hatte ja gerne den Schneiderschen Märchen geglaubt. Und so lächelt ER angesichts des Medienauftriebs selbstzufriedenen in sich hinein und blickt kurz in die heißlaufenden Kameras. BGS-Beamte begleiten ihn zur zweiten Wanne. Die Fahrer lassen die Motoren aufheulen, und weg sind Schneider und Schneider. Dauer des ersten Aktes: keine fünf Minuten.

Im zweiten Akt stand das Ehepaar Schneider gestern vormittag schon vor dem Amtsrichter in Frankfurt. Staatsanwalt Job Tilmann war sich schon vorher sicher, daß die von seiner Behörde beantragten Haftbefehle gegen Schneider und Schneider vom Amtsrichter auch vollstreckt werden würden. „Das ist die ganz normale Verkündung eines Haftbefehls“, sagte der zuständige Amtsrichter Werner Dimde auch schon vorher. Vom „Miami-Vice“-Knast in die U-Haftanstalt in Preungesheim. Das gilt zumindest für Claudia Schneider-Granzow. Denn über die geschlossene Pension zur „Unterbringung“ des Mannes, der der Deutschen und anderen Banken die „Peanuts“ für seine mondänen Bauunternehmungen vor allem in Leipzig und Frankfurt am Main nur so aus den Taschen zog, herrschte gestern noch Unklarheit. Auch nach Preungesheim zu Claudia – oder in eine andere U-Haftanstalt in Hessen?

Fest steht dagegen schon, daß die Staatsanwaltschaft im Sommer Anklage gegen Schneider und seine Frau zu erheben gedenkt, so daß das Verfahren noch in diesem Jahr eröffnet werden kann. Einen Anwalt hat Schneider schon, der heißt auch Schneider. Mit dem renommierten Advokaten Horst Schneider aus Mainz hofft der Bankrotteur endgültig aus dem Schneider zu kommen. Doch nach Hause kann das Ehepaar Schneider ohnehin nicht mehr. Die märchenhafte „Villa Andrea“ in Königstein ist vom Konkursverwalter „so gut wie verkauft“ worden: für rund 15 Millionen Mark. Gutes Geld für die Gläubiger.