Vulkan-Millionen geortet

■ Subventionen für Ostwerften landeten in Mönchengladbach. Schwerin ruft Staatsanwalt an

Berlin (taz/dpa) – Wenn Mitläufer sich zu Opfern stilisieren – so könnte man das Schauspiel überschreiben, das sich derzeit an den westdeutschen Standorten des Vulkan-Verbunds bietet. Knapp eine Woche nach Anmeldung des Vergleichs wird immer deutlicher, daß an den Weststandorten die Überlebensrationen für die Ostwerften verfrühstückt worden sind, ohne damit eine Modernisierung zu erreichen. Der Aufsichtsratsvorsitzende des Vulkan, Hero Brahms, sagte, daß die Ostwerften über 800 Millionen Mark in der Zentralkasse des Vulkan stecken hätten, die sie wohl nur zu einem geringen Teil zurückbekämen. Mecklenburg- Vorpommerns Wirtschaftsminister Harald Ringstorff (SPD) drohte daraufhin, die Gelder mit der Staatsanwaltschaft zurückzuholen.

Vom Mundraub der Bremer unbeeindruckt, fordert der Oberbürgermeister von Bremerhaven, Manfred Richter (FDP), in der taz, Bremerhaven müsse künftig subventionsmäßig genauso behandelt werden wie die Standorte im Osten. Er habe nichts gegen die Menschen im Osten, aber Mecklenburg-Vorpommern solle seine Standorte selbst sichern. Schließlich liege die Arbeitslosigkeit in Bremerhaven bei 19,1 Prozent und in Rostock bei 15,9 Prozent. Er habe Schwierigkeiten zu erklären, warum Schiffbauer in Bremerhaven dann noch „mit ihrem Solidarbeitrag die finanzielle Grundlage“ für die Ostsubventionen legen sollten.

Die Wahrnehmung Richters scheint auch in Bonn bis vor kurzem vorherrschend gewesen zu sein. Der Präsident des EU-Rechnungshofes, Bernhard Friedmann, gab bekannt, die Bundesregierung habe der EU noch Ende 1995 erklärt, es gebe keinerlei Befürchtungen wegen des Mißbrauchs öffentlicher Gelder bei Vulkan. EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert hatte dafür schon letzte Woche den Begriff des Betruges benutzt. Jetzt erklärte er, die Betriebsprüfung bei Vulkan sei „noch verheerender ausgefallen“ als befürchtet. Die Bundesregierung suche wohl noch nach verschwundenem Geld.

Die EU ist nun ziemlich sicher: „Mehrere hundert Millionen“ des für Ostwerften gedachten Geldes habe Ex- Vulkan-Vorstand Friedrich Hennemann wahrscheinlich in die notleidende Vulkan-Tochter Dörries Scharmann in Mönchengladbach gesteckt. EU-Rechnungshofpräsident Friedmann geht davon aus, daß mindestens 170 Millionen Mark vertragswidrig nach Mönchengladbach transferiert wurden. Die Verwendung von weiteren 430 Millionen Mark werde noch überprüft.

IG-Metall-Bezirksleiter Frank Teichmüller zeigte sich besorgt, daß die fünf betroffenen Bundesländer nicht über eine Lösung der Krise miteinander reden. Er erklärte, für ihn könne es nur eine Lösung geben, an der alle Küsten-Bundesländer beteiligt seien. Teichmüller, selbst Mitglied im Aufsichtsrat der Vulkan Verbund AG, lehnte eine Mitverantwortung des Aufsichtsgremiums für die Krise ab. „Die uns im Juni vorgelegten, geprüften Bilanzen wiesen den Konzern als äußerst liquides Unternehmen aus.“

Der Konzern benötigt kurz- und mittelfristig mehr als zwei Milliarden Mark und rechnet für 1995 mit einem Milliardenverlust. ten Seite 7