Fatwa Bavaria Von Mathias Bröckers

„Wer noch einmal ein Gewehr anfaßt, dem soll die Hand abfallen“ – war es eine der Sternstunden des Deutschen Bundestages Ende der vierziger Jahre, als sich ein junger Abgeordneter mit dieser markanten Bemerkung in die Debatte um die Wiederbewaffnung und allgemeinen Wehrpflicht einmischte? Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten, denn wenige Jahre später wurde dieser junge Abgeordnete nicht nur Verteidigungsminister, sondern forderte auch lautstark Atomwaffen für die Bundeswehr. Es war Franz Josef Strauß. Daß sich der Bayern-Ayatollah wegen seines frühen Fundamentalpazifismus heute noch im Grabe umdreht, ist nicht zu befürchten: Zeitlebens hat er noch ganz andere Klopper losgelassen, der Zweck (oder Zwick) heiligte stets die Mittel, lautstark Wasser zu predigen und hemmungslos Wein zu saufen.

Deshalb wäre der selige Franz Josef auch heute an vorderster Front dabei, wo es seiner CSU darum geht, eine „Lex Bundeswehr“ ins Strafgesetzbuch zu hieven. Wer Soldaten „zum Zwecke der Herabwürdigung mit Mördern oder anderen Straftätern vergleicht“, wird nach dem Willen der CSU künftig mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Mit dem neuen Gesetz soll die Entscheidung des Verfassungsgerichts, in der das Tucholsky-Zitat „Soldaten sind Mörder“ als zulässige Meinungsäußerung gewertet wurde, ausgehebelt werden. Amts- und Landgerichte, so der CSU-Verteidigungsexperte Schmidt, sollen durch das neue Gesetz ermutigt werden, ihren Spielraum zugunsten einer Bestrafung auszunutzen. So dreist wie mit diesem Gesetzesvorhaben wurde das Verfassungsgericht selten brüskiert – mögen die in Karlsruhe doch das Grundgesetz auslegen, wie sie wollen, wir basteln uns die Straftatbestände, wie's gerade in den politischen Aschermittwoch paßt bzw. in die Auftragsbücher der darbenden Rüstungsindustrie.

Daß selbst eine Grande Nation wie Frankreich jetzt die allgemeine Wehrpflicht abschafft, um das Mord- und Totschlasgeschäft künftig Profis zu überlassen, ist für die Freunde des bewaffneten Kampfs in Deutschland da natürlich ein harter Schlag ins Kontor. Dem Ende des Kalten Krieges historisch endlich Rechnung zu tragen und die Existenz der als Brückenkopf und Frontposten dieses Kriegs installierten Bundeswehr radikal in Frage zu stellen – zu dieser Selbstverständlichkeit hat sich außer Grünen und PDS noch keine der großen Parteien durchringen können. Geschweige denn vertreibt die CSU das zeitgemäße Zitat ihres großen Vorsitzenden als Aufkleber – es würde ja auch schärfstens mit dem geplanten Gesetz kollidieren. Während „Soldaten sind Mörder“ eine simple und durch tausendfache Belege gedeckte Tatsachenbehauptung darstellt, geht die Straußsche Herabwürdigung des Militärs sehr viel weiter: „Wer noch einmal ein Gewehr anfaßt, dem soll die Hand abfallen“ – dieser Satz enthält nicht nur eine Verfluchung von prophetischer, fatwa-mäßiger Qualität (und die indirekte Beleidigung „Soldaten sind Krüppel“) –, er droht vor allem ganz konkret mit schwerster Körperverletzung. Waigel!!! Stoiber!! Schmidt! Der Unterzeichnende bittet hiermit um Strafanzeige wegen Veröffentlichung dieser Verunglimpfung der Bundeswehr – die Frage, ob wir eine „Lex Franz Josef“ brauchen, muß dringendst geklärt werden.