Kuba wird zum Wahlkampfthema in den USA

■ Exilkubanische Organisationen nutzen Streit zwischen Washington und Havanna über den Abschuß zweier Privatflieger. Sie fordern härtere Sanktionen gegen Kuba

Berlin (taz) – Noch immer sind die Umstände nicht geklärt, unter denen am Samstag zwei Cessna der exilkubanischen Organisation „Brüder zur Rettung“ über dem karibischen Meer abgeschossen wurden. Gestern abend wollte der UN-Sicherheitsrat in New York über den Antrag der USA beschließen, den Abschuß durch die kubanische Luftwaffe zu verurteilen. Erste Beratungen des Gremiums hinter verschlossenen Türen waren am Sonntag abend ohne Ergebnis geblieben.

Tatsächlich geben die US-amerikanische und die kubanische Regierung ausgesprochen unterschiedliche Versionen darüber ab, wo und wie die Maschinen abgeschossen wurden. Nach Darstellung der USA befanden sich die beiden Flieger im internationalem Luftraum, nur die dritte, unversehrt gebliebene Maschine des Anführers der Operation, José Basulto, sei tatsächlich in kubanischen Luftraum eingedrungen, allerdings heil davongekommen.

Die kubanische Regierung hingegen berichtet, die beiden abgeschossenen Maschinen seien in kubanischen Luftraum eingedrungen, lediglich die Maschine Basultos habe sich außerhalb der Zwölfmeilenzone aufgehalten. Tonbandaufnahmen belegen, daß alle Maschinen beim Anflug auf Kuba von der kubanischen Seite gewarnt wurden, sie begäben sich bei Weiterflug in Gefahr. „Aber als freie Kubaner sind wir weitergeflogen“, sagte Basulto vor Journalisten.

Möglich, daß eine Untersuchung der Internationalen Luftfahrtkommission bei der Aufklärung des Sachverhaltes helfen kann. Sicher ist, daß in der Vergangenheit Maschinen der „Brüder zur Rettung“ tatsächlich in den kubanischen Luftraum eingedrungen sind. Im Juli 1995 und im Januar dieses Jahres waren die kleinen Cessnas gar über Havanna aufgetaucht und hatten Hunderttausende von Flugblättern gegen die Castro-Regierung abgeworfen. Gegen Basulto war ein Ermittlungsverfahren der US-Luftfahrtbehörde im Gange, nachdem Kuba sich offiziell über die Verletzung seines Luftraumes beschwert hatte.

Die „Brüder“ gehören zum harten antikommunistischen Kern der kubanischen Exilgemeinde in Miami. José Basulto, Chef der Organisation, ist ehemaliger Mitkämpfer der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht, bei der militante Exilkubaner 1961 unter Anleitung und tätiger Mithilfe der CIA versuchten, die kubanische Revolutionsregierung gewaltsam zu stürzen.

Zunächst hatten sich die „Brüder“ vor allem dadurch einen Namen gemacht, daß sie mit ihren Maschinen jahrelang die Haifisch- verseuchten 90 Meilen Karibik zwischen Kuba und Florida überflogen und der US-Küstenwache halfen, kubanische Bootsflüchtlinge aufzuspüren. Als Bill Clinton nach der letzten großen Flüchtlingskrise 1994 die jahrelange US- Politik aufgab, jedem kubanischen Flüchtling automatisch politisches Asyl zu gewähren, sondern vielmehr begann, die Flüchtlinge nach Kuba zurückzuschicken, änderte sich ihre Strategie. Auch angesichts dessen, daß seither praktisch keine Bootsflüchtlinge mehr unterwegs sind, ist unklar, in welcher Mission die drei Maschinen am vergangenen Samstag tatsächlich unterwegs waren.

In den USA ist die neue Krise mit Kuba prompt zum Wahlkampfthema geworden. In zwei Wochen finden die Vorwahlen der Republikaner im Bundesstaat Florida statt – und wer da gewinnen will, braucht die Stimmen der kubanischen Exilgemeinde. Wer da als soft on Castro gilt, als „weich gegenüber Castro“, der hat trotz aller Veränderungen innerhalb des kubanischen Exils wenig Chancen.

So forderte der nach den ersten Vorwahlen angeschlagene Bob Dole am Wochenende lautstark, Präsident Clinton solle jetzt endlich einer Verschärfung der Sanktionen gegen Kuba zustimmen, wie sie ein vom ultrarechten Senator Jesse Helms eingebrachter Gesetzentwurf vorsieht. Und der recht erfolgreiche Rechtsaußenkandidat Pat Buchanan schlug vor, US- Kampfflugzeuge sollten die Gewässer rund um Kuba bewachen. Sollten kubanische Flugzeuge innerhalb dieser Gewässer Angriffe fliegen, „würde ich sie abschießen“, tönte Buchanan. Bernd Pickert

Kommentar Seite 10