Europa und Asien von unten gesehen

■ Alternativkongreß redet über gern verschwiegene Themen

Berlin (taz) – Im Vorfeld des ersten asiatisch-europäischen Gipfels beginnt heute in der thailändischen Hauptstadt Bangkok ein dreitägiger Alternativkongreß. Unter dem Motto „Ein Programm der Völker für eine neue Partnerschaft zwischen Asien und Europa“ wollen über hundert asiatische und europäische regierungsunabhängige Organisation (NGOs) den Dialog der Zivilgesellschaften fördern.

Während beim offiziellen „Asia-Europe Meeting“ (Asem) von 25 Staats- und Regierungschefs wirtschaftliche Themen im Mittelpunkt stehen und auf Wunsch der Gastgeber kontroverse Themen ausgeklammert werden sollen, dominiert beim Alternativkongreß der Blick von unten. Auf dem Programm stehen die Konflikte in Bosnien und Nordirland ebenso wie Burma und Osttimor. Desweiteren geht es um Fragen wie Menschenrechte, Demokratie, Waffenhandel, Kinderarbeit, Sextourismus, Arbeitsmigration und Giftmüllexporte.

„Der Gipfel der asiatisch-europäischen Staatschefs ist nicht das alleinige Vorrecht der Regierungen und muß als Forum gesehen werden, auf dem auch die Völker ihre Meinungen aussprechen können“, heißt es in einer Erklärung des Alternativkongreßes. Der Vorsitzende des Vorbereitungskomitees, der thailändische Professor Gothom Arya, kündigte eine Resolution an, die dem offiziellen Gipfel vorgelegt werden soll. Für Donnerstag ist ein Treffen mit Vertretern des thailändischen Außenministeriums und der Europäischen Union vorgesehen.

Das Vorbereitungskomitee fürchtet, daß die thailändische Regierung noch in letzter Minute versuchen könnte, den in einem Hotel stattfindenden Kongreß zu verhindern. Am Samstag hatte die Tageszeitung Bangkok Post berichtet, die Besitzer geeigneter Veranstaltungsorte würden von der Polizei gedrängt, den NGOs keine Räume zu geben. Zur Begründung seien „nationale Interessen“ genannt worden.

Bereits 1994 hatte die Regierung das jetzt wieder vorgesehene Asia Hotel zur Kündigung von Räumen gedrängt, die für eine Alternativtagung reserviert worden waren. Ende Januar hatte sie einem Vertreter des Widerstandsrates aus dem von Indonesien besetzten Osttimor die Einreise über die Zeit des Asem-Gipfels verweigert, um mögliche Mißstimmungen zu vermeiden. Dafür sind zum Gipfel Ferien angeordnet, damit die Staatschefs nicht in Bangkoks Stau steckenbleiben. Sven Hansen