Falsche Geständnisse?

■ Vernehmungstaktik der Polizei war Thema im Mordprozeß

Die Verteidigerin wurde deutlich: „Es ist doch auffällig, daß in Bremen in letzter Zeit häufiger falsche Geständnisse auftauchen“, wandte sie sich an den aussagenden Polizeibeamten und handelte sich eine kleine Rüge von der Richterin ein. Das könne man so nicht stehen lassen. „Ich möchte nur die Art und Weise der Vernehmung von Beschuldigten aufklären“, erwiderte die Verteidigerin.

„Ich muß sagen, das ganze Gespräch war ziemlich verwaschen.“ Der Kriminalbeamte, der die des Mordes angeklagte Malaiin einen Tag nach der Mordtat auf dem Polizeirevier vernommen hatte, saß gestern als Zeuge vor dem Bremer Landgericht. Man habe mal auf Deutsch gefragt, die Angeklagte habe teilweise auf Deutsch geantwortet, flankierend dazu habe sich ab und zu der Dolmetscher eingeschalten, es wurde also auch immer wieder Malaiisch gesprochen.

Die Angeklagte hatte sich über Sprachprobleme bei der Vernehmung beschwert. „Eine Übersetzung war oft gar nicht nötig, weil alles klar war“ (der Beamte). Es sei außerdem sehr hektisch zugegangen, so der Vorwurf der Malaiin, andere Polizisten hätten das Gespräch gestört, sie sei angeschrieen worden. „Die Vernehmung war absolut ruhig“, entgegnete der Kriminalbeamte. „Erschreckend ruhig“, formulierte ein später aussagender Kollege: „Das war ein emotionsloses Frage-Antwort-Spiel.“

Die Beamten räumten allerdings ein, die Angaben des Freundes der Angeklagten nicht näher überprüft zu haben, obwohl dieser „in den Bereich der möglichen Mittäterschaft gerückt war.“ – „Haben Sie eigentlich Fortbildungen zum Thema Vernehmung besucht?“ wollte die Verteidigerin wissen. Der Kriminalbeamte schüttelte den Kopf.

Der Ton verschärfte sich am gestrigen Verhandlungstag. Einer der Kriminalbeamten schob daraufhin spontan ein: „Ich muß jetzt auch mal sagen, daß ich in den letzten Tagen wiederholt Anrufe von aufgebrachten Bürgern bekommen habe, die aufgrund von Zeitungsberichten meinten, das könne doch alles so nicht stimmen, wie das jetzt zur Sprache kommt.“

Der Anwalt des Ehemannes der Ermordeten legte dann dem Gericht neues Material vor: einen Brief, den die Angeklagte aus der Untersuchungs-Haft mit vollem Geständnis der Tat an eine Freundin geschrieben haben soll. Außerdem übergab der Anwalt ein ärztliches Attest über den Zustand des Babys der Toten, das am Tag nach dem Mord ins Krankenhaus gebracht worden war. Das Attest bescheinigt Hämatome am Kinn und auf der Stirn des Kindes sowie den Verdacht auf Kindesmißhandlung.

Am Freitag wird das Gutachten eines ethnologischen Sachverständigen Gegenstand der Verhandlung sein. sip