Kompromißverkehr

■ Viertel-Beiräte schlucken Vereinbarung für Viertel-Verkehr / Schulte will Anwohnerparken im Stadtzentrum

Die Verkehrsberuhigung im Viertel ist aufgehoben, die zuständigen Beiräte haben zähneknirschend einen Kompromiß mit Bausenator Schulte passieren lassen, um von dem Öko-Projekt zu retten, was zu retten ist. Doch auf richtig große Veränderungen können sich ganz andere Bereiche einstellen. In einer Pressekonferenz im Ortsamt Mitte gab der Bausenator gestern bekannt, daß er in den Bremer Kernbezirken Mitte, Östliche Vorstadt, Schwachhausen und der Neustadt Anwohnerparken in den Wohngebieten einführen will und dafür auch die Finanzierung übernimmt. Wer nicht in den Nebenstraßen wohnt, der muß sehen, wo er dann mit seinem Auto bleibt.

Vorausgegangen war Montag abend eine zum Teil hitzige, zum Teil tragikomische Debatte in einer gemeinsamen Sitzung der Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt. Insbesondere die Grünen und die SPD taten sich schwer mit der Vereinbarung, die zwei EmmissärInnen aus den Beiräten und Ortsamtsleiter Robert Bücking mit dem Bausenator ausgehandelt haben. Die Kernpunkte: –der Straßenzug wird wieder geöffnet, dafür soll der Durchgangsverkehr „zuverlässig“ draußen gehalten werden; –die Fußwege werden verbreitert, Parkbuchten für Kurzzeitparkplätze und Ladezonen eingerichtet; –das Parkhaus Lübecker Straße wird nicht aufgestockt; –die AutofahrerInnen müssen an der Sielwallkreuzung abbiegen, nach einem Vierteljahr soll entschieden werden, ob Dobben und Sielwall nicht über Gebühr belastet sind; –täglich sollen drei ÜberwacherInnen im Viertel Knöllchen schreiben; –die Imagekampagne der Kaufleute soll weitergeführt werden und – die Straßenbahnhaltestelle Wulwestraße soll für ein halbes Jahr auf Probe wieder eingerichtet werden.

„Wir haben zähneknirschend zur Kenntnis genommen, daß die Machtverhältnisse eben so sind“, gestand Susanne Paas, Beiratssprecherin im Bereich Mitte und Mitglied der Verhandlungscombo. „Aber wir haben rausgeholt, was rauszuholen war.“ Das fanden einige Beiräte gar nicht, und so entstand eine Abstimmungs-Posse, bei der sich der halbe Zuschauerraum die Haare raufte.

Allen KritikerInnen gemeinsam ging das Papier längst nicht zu weit – der Kompromiß sei eine Farce. Das brachte die Grünen in ihrer Not zu dem Antrag, der Beirat möge das Ergebnis der Beratungen „akzeptieren“. Das wiederum gefiel dem radikalen Flügel der SPD nicht. Der forderte die Abstimmung: Zustimmung oder Ablehnung des Kompromisses. Worauf die CDU mit Teilen von SPD und Grünen dafür stimmten, dann wieder SPD- und Grünen-Teile dagegen, und am Ende versenkte die CDU wiederum mit Dissidenten der Grünen im Beirat Mitte den Grünen-Antrag.

Nach dem Desaster blieb allerdings in beiden Beiräten eine mal knappe, mal deutlichere Mehrheit für den Kompromiß. Und Peter Verhaeg von der SPD trat als Beirat zurück, weil er sich durch das Verhalten des Bausenators als gewählter Kommunalpolitiker übergangen fühlte. J.G.