Durchbruch für binationale homosexuelle Paare

■ Bundesverwaltungsgericht erkennt ausländerrechtlichen Ermessensspielraum an

Der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichtes hat gestern eine Grundsatzentscheidung getroffen, die für schwule und lesbische binationale Paare einen Durchbruch bedeutet. Ausländerbehörden müssen künftig bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den ausländischen Partner den Ermessensspielraum des Ausländergesetzes berücksichtigen.

Bislang hatten sich das Auswärtige Amt, zahlreiche Ausländerbehörden sowie Oberverwaltungsgerichte auf den Standpunkt gestellt, daß es für homosexuelle Paare diesen Ermessensspielraum bei der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nicht gibt. Auch wenn es damit noch keinen einklagbaren Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis für den ausländischen Partner gibt, so müssen die Ausländerbehörden den Einzelfall zumindest prüfen.

Im konkreten Fall ging es um einen Berliner Arzt und einen 25jährigen Thailänder. Die beiden hatten sich 1990 kennengelernt und kämpfen seither um eine Aufenthaltserlaubnis. Der junge Thailänder mußte bereits 1992 in seine Heimat zurückkehren, nachdem das Verwaltungsgericht Berlin die Klage zurückgewiesen hatte. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben, ob er jetzt wieder einreisen kann, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn der Leiter der Ausländerbehörde, Harald Bösch- Soleil, erklärte gestern vor dem Bundesverwaltungsgericht: „Ich sehe nicht, daß der theoretisch vorhandene Ermessensspielraum konkret zu einer anderen Entscheidung führt. Das Ergebnis ist vorgezeichnet.“

Seine Haltung begründete er damit, daß gleichgeschlechtliche Paare im Ausländergesetz nicht vorgesehen seien. Dies sei eine „klare Wertaussage“. Deshalb gebe es auch keinen Ermessensspielraum.

Der Anwalt der Kläger, Dirk Siegfried, hatte sich auf den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes berufen. Heterosexuelle Paare können durch Heirat ein Aufenthaltsrecht für den ausländischen Partner erlangen, was lesbischen und schwulen Paaren verwehrt sei. Auf homosexuelle Paare müsse daher der §7 des Ausländergesetzes angewendet werden, der bei „sonstigen Fällen“ eine Ermessensentscheidung vorsieht. Hierbei müßten auch „dringende humanitäre Gründe“ und außergewöhnliche Härte“ berücksichtigt werden. Dorothee Winden