Eklektizismus everywhere

■ TripHop ohne Tristesse: Das Pop-Duo Moloko treibt in ein buntes Paralleluniversum

Als wir Ende letzten Jahres einen Rückblick über das musikalische Jahr fertigten, schienen die bunt blubbernden Comic-Männchen von Moloko die ideale bildliche Umsetzung des letzten Jahres. Bündelt doch das Duo aus Sheffield, nicht nur graphisch, einiges, was im letzten Jahr entwickelt wurde oder überraschend zusammenfand: TripHop ohne Tristesse, Funk ohne Fett, Blues ohne Budenzauber und House ohne Herrenmode. Darüber gleitet die durch die Mickey-Mouse-Taste verfremdete Stimme der irischen Sängerin Roisin Murphy in ferne Welten.

Man sieht schon: Moloko nehmen sich von allem nur das Beste, und das ist ihnen nicht gut genug. Ihren Namen entliehen sie Anthony Burgess' Roman Clockwork Orange. Darin nimmt die Clique, bevor sie sich aufmacht, „Devotschkas“ zu „vertollschocken“ und andere Verbrechen zu begehen, einen ordentlichen Schluck von einem dampfenden Cocktail namens Moloko. So wie Burgess ein Neu-Sprech entwickelt, eine Privatsprache, die nur seine Anti-Helden sowie die Leser nach einigen Wiederholungen verstehen, ließ sich auch das Duo aus Sheffield von der renommierten Designers Republic eine ureigene Phantasie-Welt aus bezahnten Fischen um spattelige Männchen mit Kartoffelköpfen zeichnen.

Das ist natürlich alles nicht abgründig, sondern niedlich und riecht nach Gummibärchen. Auf diese Fährte führt auch der Titel Do You Like My Tight Sweater? – „Magst du meinen engen Pulli?“ – soll die erste Frage gewesen sein, mit der sich Roisin Murphy bei einer Party an den Bassisten und Produzenten Mark Brydon wandte. Und Moloko ward geboren.

Doch für die Erstellung eines solchen Paralleluniversums braucht es Weisheit und vor allem Unabhängigkeit von den gängigen musikalischen Kadern. Und die kultivieren Moloko, auch wenn sie sich ihre Bausteine schonungslos zusammenklauben. Alles was sie an Club-Musik auf ihrem Weg finden, stapeln sie – ähnlich wie Pizzicato Five – zu einem betörend zerbrechlichen Bauwerk mit eindrücklichem Pop-Appeal und gehörigem Wiedererkennungswert.

Live werden sie ihr Debut nicht als verschüchterte Show präsentiren, sondern mit einem ganzen Blasorchester die winterliche Langsamkeit ihrer Stücke in einen ausgelassenen Big-Band-Sound transkribieren. Und daß ihre Songs gut genug sind, um in jeder Geschwindigkeit zu funktionieren, zeigten schon ihre Maxis nachdrücklich.

Volker Marquardt

Sa, 2. März, 21.30 Uhr, Mojo