Unverzichtbare Einmischungen

■ Der Franzose Paul Parin vermittelt mit zwei Vorträgen zwischen Wissen und Erzählen

Seinen Beruf als Psychoanalytiker führt er nicht mehr aus, doch zur Ruhe gesetzt hat er sich deshalb, trotz seiner 80 Jahre, noch lange nicht: Paul Parin, Ethnopsychologe, Verfasser grundlegender Schriften, berühmter Forschungsreisender zu Stämmen Westafrikas – und Schriftsteller. Der Verfasser von Studien wie Der Widerspruch im Subjekt ist in den letzten Jahren nämlich auch zum Autor narrativer Prosa geworden, zum Grenzgänger zwischen den Genres, der mit unglaublicher Lebendigkeit vergangene wie fremde Welten zu Papier bringt.

Als Gast in Hamburg wird der in Zürich lebende Parin bei zwei Veranstaltungen heute und morgen beide Seiten seines Schaffens präsentieren: Als Lesender im Literaturzentrum bringt er seine narrativen Welten mit, und als Vortragender im Hamburger Institut für Sozialforschung widmet er sich seinem momentan – zwangsweise – wichtigsten Thema: „In den letzten Jahren habe ich viel über die Politik des Westens im ehemaligen Jugoslawien publiziert. Wenn mich kriegerische und andere schreckliche Ereignisse aufregen oder quälen, dann kann ich keine Geschichten erzählen. Ich hatte mich entschlossen, keine ethnologischen oder psychologischen Dinge mehr zu schreiben, als ein Schüler von uns in Zürich eine Vortragsreihe über die neuen Faschismen zu planen begann. Herausgekommen sind Vorträge aus verschiedenen Ländern, die im Juni dieses Jahres in einem Rundgespräch zusammengefaßt werden. Ich schrieb einen Text über die Modifikation der Auffassung: „Was ist Faschismus?“. Und genau das hat dann das Hamburger Institut für Sozialforschung verlangt, als der Vortrag eben fertig geschrieben war.“

Im Rahmen der Vortragsreihe „Ethnisierung der Politik – Politisierung der Ethnizität“ wird sich Parin, der seit einigen Jahren keine Analysanden mehr angenommen hat, heute Abend deshalb doch noch einmal an eine große Analyse machen: „Am Beispiel Serbiens versuche ich historisch, soziologisch und schließlich psychologisch abzuleiten, was dort in den letzten Jahren vorgegangen ist.“

Thomas Plaichinger

Heute, Institut für Sozialforschung/ Fr, Literaturhaus, jeweils 20 Uhr