Israelisches Ultimatum an Arafat

Israels Abzug und der Beginn der Schlußverhandlungen im Friedensprozeß sollen verschoben werden, falls Arafat die islamischen Organisationen nicht verbietet und bekämpft  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israels Regierungschef Schimon Peres hat dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde nach den Attentaten von Hamas ein Ultimatum stellen lassen. Falls Arafat die islamische Hamas-Bewegung und andere militante Palästinenser-Organisationen nicht effektiv bekämpft, will die israelische Regierung den Abzug aus Hebron hinauszögern. Dieser sollte bis zum 28. März abgeschlossen sein. Auch der Beginn der Verhandlungen über den endgültigen Status der autonomen Gebiete, der für Mai geplant ist, könnte dann hinausgezögert werden. Überdies bleiben die Palästinensergebiete bis auf weiteres abgeriegelt.

Am Dienstag abend kam der israelische Stabschef General Amnon Lipkin-Schahak an der Grenze zum abgeriegelten Gaza- Streifen mit Arafat zusammen, um ihn offiziell über die israelischen Forderungen zu unterrichten. Peres ließ mitteilen, daß Israel selbst direkte Verhandlungen mit Hamas aufnehmen werde, falls Arafat nicht tue, was Israel jetzt von ihm und seiner Polizei verlangt.

General Schahak übergab der PLO bei dem Treffen drei Listen: eine von 15 Hamas-Aktivisten, deren Verurteilung zu langen Gefängnisstrafen Israel jetzt nachdrücklich fordert; eine zweite Liste mit 40 Namen, die angeblich den „harten Kern“ der Hamas-Aktivisten aufzählt und gegen die Arafat nun endlich vorgehen soll; und schließlich eine Liste mit zehn Namen, deren Auslieferung Israel verlangt.

Israel besteht darauf, daß Arafat sowohl den islamischen Dschihad als auch Hamas als politische Organisationen verbietet und jede organisatorische, gesellschaftliche und propagandistische Tätigkeit dieser Organisationen unterbindet. General Schahak beschuldigte die palästinensischen Behörden, Hamas nur „mit Glacéhandschuhen“ anzufassen. Um weiter Druck auszuüben, droht Israel damit, die totale Abriegelung des Gaza-Streifens und Westufers so lange aufrechtzuerhalten, bis Arafat allen Forderungen Israels nachgekommen ist.

Arafat hat in den Gesprächen mit Schahak darauf hingewiesen, daß die beiden Attentäter gar nicht aus den von ihm kontrollierten Gebieten, sondern aus dem Flüchtlingslager Fawar bei Hebron kommen, das unter israelischer Kontrolle steht. Auch habe Hamas nicht die Verantwortung für die Attentate übernommen, sondern eine Gruppe von Schülern des Bombenbauers Yahya Ajjasch. Hamas-Militante erklärten in einem Flugblatt, daß sie sich an die Abmachung mit der palästinensischen Führung, keine Terroraktionen gegen Israel zu begehen, gehalten hätten. Außerdem wies Arafat auf die aktuelle Verhaftung von weit über 100 Hamas-Anhängern im Gaza-Streifen hin.

Schon am Montag hatte Arafat ausländischen Diplomaten gegenüber erklärt, daß eine der französischen OAS ähnliche Gruppe ehemaliger israelischer Offiziere mit den Attentätern zusammengearbeitet habe. Nach Angaben Arafats könne der bei den Attentaten verwendete Sprengstoff nicht aus der arabischen Welt stammen. Ein solcher Sprengstoff sei nur im Westen und Israel erhältlich. Diese Vorwürfe wurden von der israelischen Regierung als „blanker Unsinn“ zurückgewiesen.

In Jerusalem sprach Regierungschef Peres am Dienstag abend vor Führern zionistischer und anderer einflußreicher jüdischer Organisationen in Amerika. Dabei deutete er an, daß die künftige israelische Terrorbekämpfung nicht auf das von Israel direkt beherrschte Gebiet beschränkt bleiben sollte. Peres, so sagten Anwesende, habe den Eindruck erweckt, als sollten israelische Sicherheitskräfte auch in den Autonomiegebieten eingesetzt werden.

Vor der Aussprache zwischen Schahak und Arafat hatte ein hoher Beamter der amerikanischen Botschaft in Tel Aviv Arafat im Gaza-Streifen aufgesucht und ihn darüber informiert, daß die Clinton-Administration die israelische Forderung nach einer schärferen Bekämpfung des Terrorismus von seiten der Palästinenser unterstütze.