Gemeinsame Sorge

■ Bundeskabinett beschließt überfällige Reform des Kindschaftsrechts

Bonn (taz) – Die längst überfällige Kindschaftsrechtsreform wurde gestern vom Kabinett beschlossen, so daß sie nun noch in dieser Legislaturperiode Gesetz werden kann. Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig betonte, daß der noch von seiner Vorgängerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger erarbeitete Referentenentwurf weitgehend übernommen worden sei.

Die Kindschaftsrechtsreform sieht vor, daß nichtverheiratete Paare künftig ein gemeinsames Sorgerecht ausüben können. Bei verheirateten Paaren greift nach einer Trennung oder Scheidung das Gericht nicht mehr automatisch in das Sorgerecht ein. Das heißt, wenn Eltern dies nicht explizit wünschen, entfällt eine gerichtliche Überprüfung und die Eltern üben weiter das Sorgerecht gemeinsam aus. Der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, kann über alltägliche Dinge allein entscheiden, muß aber alle „grundsätzlichen Fragen“ wie Schule, Beruf oder medizinische Eingriffe mit dem ehemaligen Ehepartner absprechen. Wenn all dies nicht funktioniert, entscheidet auch künftig das Familiengericht über das Sorgerecht. Außerdem soll das Umgangsrecht für Verwandte erweitert werden, und künftig haben eheliche und nichteheliche Kinder gleiche Rechte.

Geeinigt hat sich die Koalition auch in einem anderen strittigen Punkt. Auf Druck der FDP verzichten sie darauf, Partner in nichtehelichen Lebensgemeinschaften an der Unterhaltspflicht zu beteiligen. Die FDP war dagegen, weil dann auch homosexuelle Partner zur Hilfestellung verpflichtet gewesen wären, während ihnen zum Beispiel beim Mietrecht nicht die gleichen Rechte zustehen wie Ehepartnern. Der bündnisgrüne Rechtspolitiker Volker Beck wertete diese Entscheidung als „großen Erfolg der bündnisgrünen Oppositionsarbeit“. Damit hätten sich die Liberbalen vor der peinlichen Situation gerettet, sich einer von den Bündnisgrünen geforderten Abstimmung zu stellen. nin