Bald weniger als 85.000 Studienplätze

■ Diepgens Regierungserklärung: Haushaltslöcher können noch größer werden

Die Koalition hat klammheimlich von ihrer bisherigen Hochschulpolitik Abschied genommen. Hieß es noch vor kurzem, die Zahl der 115.000 Studienplätze werde bis zum Jahr 2003 auf 100.000 reduziert, so will die Koalition inzwischen die Zahl noch in dieser Legislaturperiode auf unter 85.000 drücken. In seiner gestrigen Regierungserklärung vor dem Parlament sagte der Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU): „Wir werden nicht mehr 100.000 Studienplätze sichern können.“ Auf Nachfrage konkretisierte die hochschulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Monika Grütters, Diepgens Aussage. Der Senat wolle bereits am Wochenende ein Sparprogramm für die Universitäten beschließen, mit dem die Zahl der „ausfinanzierten Studienplätze“ auf unter 85.000 fallen werde. In Berlin studieren derzeit 145.000 Menschen.

Diepgen drängt aber auch darauf, daß Brandenburg seine Hochschulplanung ebenfalls abspeckt. Im Staatsvertrag beider Länder sind für Berlin 100.000 und in Brandenburg 34.500 Studienplätze vorgesehen. Der Staatsvertrag ist die Grundlage für die am 5. Mai stattfindende Volksabstimmung zur Länderfusion und müßte entsprechend geändert werden. Abgeordnete Grütters rechnete gestern damit, daß Brandenburg seine Zahl aber ebenfalls nach unten korrigieren werde, da Potsdam ebenfalls Haushaltsprobleme habe und es an Studenten mangele. Dort studieren derzeit zwischen 12.000 und 14.000 Menschen.

Diepgen befürchtete gestern sogar, daß im Landeshaushalt der kommenden vier Jahre möglicherweise noch mehr als die bislang bekannten 32 Milliarden Mark fehlen. Das Haushaltsloch könne sich „noch weiter vergrößern“, weil weitere Steuerausfälle nicht ausgeschlossen seien, sagte er dem Parlament: „Die Haushaltslage ist dramatisch, aber sie bleibt beherrschbar“, versuchte er die Zuhörer zu beruhigen. In diesem Jahr müssen fünf Milliarden und im kommenden Jahr zehn Milliarden Mark eingespart werden. Ein Nachtragshaushalt und ein Haushaltsstrukturgesetz, daß die jährlichen Ausgaben von 43 Milliarden Mark entsprechend kürzt, ist geplant.

In der Verwaltung werden 17.300 Stellen abgebaut. Davon entfallen 2.000 Stellenstreichungen auf die Polizeiverwaltung. Kündigungen soll es nicht geben. Die Investitionen von 6,2 Milliarden Mark in diesem Jahr werden auf 5,6 Milliarden Mark und im kommenden Jahr auf 5,2 Milliarden Mark reduziert. Vermögen des Landes „wird intensiver als bisher“ verkauft. Trotz der kaum zu bewältigenden Aufgabe sagte Diepgen, „die neuen finanzpolitischen Eckpunkte sollen nicht einengen, sondern Freiräume schaffen“. Dirk Wildt