Tunnelbau gerät in Maculan-Strudel

■ Baufirma Maculan AG ist zahlungsunfähig. Bauverwaltung muß Auftrag für Tunnelbau möglicherweise neu vergeben

Der Hauptauftragnehmer für den Bau des Tiergarten-Tunnels, die Maculan Holding AG, hat gestern die Zahlungsunfähigkeit erklärt. Nun müssen die Konkursrichter prüfen, ob ein Konkurs des hochverschuldeten Bauunternehmens noch abzuwenden ist. Damit sind nicht nur 750 bis 800 Arbeitsplätze in Berlin gefährdet, auch der Bau des Tiergarten-Tunnels wird sich verzögern und erheblich teurer werden.

Wenn Maculan pleite geht, müßte die Senatsbauverwaltung den Auftrag für den Tunnelbau neu vergeben. „Wir müßten alle Firmen, die sich damals an der EG- weiten Ausschreibung beteiligt haben, erneut um ein Angebot bitten und dieses dann freihändig vergeben“, erklärte gestern Petra Reetz, die Sprecherin des Bausenators. Auf diese Weise könne eine zeitraubende Neuausschreibung vermieden werden. Es sei aber auch denkbar, daß eine Auffanggesellschaft für Maculan gegründet werde, die den Tunnelbau übernehmen könnte. Noch geht Reetz nur von einer zwei- bis dreiwöchigen Verzögerungen des 730-Millionen-Mark schweren Bauvorhabens aus. Derzeit führe eine von Maculan unabhängige Firma bauvorbereitende Maßnahmen durch.

Erst im Mai wollte Maculan mit den eigentlichen Bauarbeiten beginnen. Auf den Konzern entfielen 200 Millionen des Bauvolumens. Den größten Anteil der Bauarbeiten sollte die Dresdener Tochterfirma Bauunion Süd ausführen.

In einem Dringlichkeitsantrag haben die Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus gestern den Senat aufgefordert, sich von dem Tunnelbau zu verabschieden. Wegen der absehbaren Pleite von Maculan, sei mit einer erheblichen Verteuerung zu rechnen. Andere Anbieter würden mit Sicherheit über dem „Dumpingpreis“ von Maculan liegen. 1988 seien die Kosten des Tunnelbaus noch auf zwei Milliarden Mark veranschlagt worden, Maculan habe das Projekt für 700 Millionen durchführen wollen. Zur Einleitung des sogenannten Gesamtvollstreckungsverfahrens sah sich die Maculan- Geschäftsführung gestern gezwungen, nachdem ein Gespräch mit den Gläubigerbanken über die Finanzierung des Sanierungskonzepts erneut ergebnislos verlaufen war.

In Berlin sind vor allem zwei Maculan-Töchter mit insgesamt 1.100 Beschäftigten tätig, die Ingenieurhochbau Gmbh und die Tief- und Verkehrsbau GmbH. Letztere ist an die Berliner Bank verpfändet und wäre von einem Konkurs nicht betroffen. Für das Unternehmen, das schwarze Zahlen schreibt, wird jetzt ein Käufer gesucht. Bei der Ingenieurhochbau GmbH sind dagegen rund 800 Arbeitsplätze in Gefahr. Die Hälfte ist derzeit witterungsbedingt auf Kurzarbeit Null. „Wir hoffen, daß in den nächsten drei Wochen noch eine Lösung gefunden werden kann“, erklärte Hans-Jürgen Güntzel für den Betriebsrat. Dorothee Winden