Freitag bleibt Freitag

■ Alte Linke geben der Wochenzeitung „Freitag“ neues Geld

Auf der Titelseite des neuen Freitag, der „Ost-West-Wochenzeitung“ aus Berlin, ist wieder viel von Katastrophen die Rede. „Die unsichtbare Hand schlägt zu“, heißt es. Die gute Nachricht steht erst auf Seite 2. Der Freitag, heißt es da, hat ab 1. April neue Besitzer. Das kleine Blatt selbst ist also noch einmal durchgeschwommen unter jener Hand, im großen Meer des Vergehens.

Erstaunlich ruhig ging diese Rettung vonstatten, nachdem noch vor Jahresfrist laute Hilferufe aus den dunklen Strudeln des Zeitungssterbens drangen. Auch die Retter machen kein großes Tamtam um ihre Tat: Eine Gruppe von linken Journalisten, heißt es, habe Geld für den Kauf zusammengekratzt, nun seien sie Verleger, nun wollen sie einmal sehen, wie es weitergeht. Genannt werden die Journalisten Ursel Sieber und Werner Bahlsen, der Ex-Berliner AL-Aktivist Willi Brüggen und der grüne Europa-Abgeordnete Frieder Otto Wolff.

Dabei haben der Freitag und seine Ahnen schon viele Besitzer kommen und gehen sehen. Der DDR-Kulturbund gehörte dazu und die westdeutschen DKP- Freunde, seit 1990 schließlich Angehörige der ominösen Berliner „Mediengruppe Schmidt & Partner“ (Elefantenpress, Titanic, Ex- Junge Welt). Das Blatt, das die erste Silbe seines Namens stets in sattem rot druckt, war damals aus einer recht ungewöhnlichen Mesalliance entstanden. Partner Ost, der Sonntag, war eine Perle der DDR- Zeitungslandschaft – bald die einzige. Partner West, die Volkszeitung hingegen, ist ein Kind der guten alten DKP-Bündnispolitik. Aus seiner Zeit stammt ein Attribut, das Freitag-Chef Bernd Mansel seinem Blatt heute immer noch gern anheftet: linksbürgerlich.

Dieses Erbe will der Freitag weiterentwickeln: Die bisherige Mischung aus Ost und West, Feuilleton und Kommentar, angereichert durch linke Debatten und Nord- Süd-Themen, soll dem Blatt jetzt neue Leser zuführen.

Die braucht der Freitag auch dringend. Das hochdefizitäre Blatt leidet mit einer Auflage von 18.000 stärker am allgemeinen Auflagenschwund der Wochenblätter als die großen Konkurrenten. In einem Jahr, sagen die neuen Besitzer, muß ein klarer Aufwärtstrend erkennbar sein. Wie der gelingen soll, scheint auch ihnen selbst noch nicht ganz klar. Unerfahren im Verlagsbereich, planen sie Rationalisierungen und eine dringend nötige Werbekampagne. Mit wenig Geld, denn große Kapitaleigner sind sie alle nicht. Eine verlegerische und publizistische Konzeption scheint die heterogene Gruppe zudem noch nicht entwickelt zu haben. Kleine feine Blätter schwimmen eben nie weit vom Strudel. Lutz Meier