■ Mit Niedersachsen auf du und du: Geld im VW-Schatten
Hannover (taz) – Natürlich hatten die niedersächsischen Landtagsgrünen auch den Ministerpräsidenten Gerhard Schröder im Auge, den Automann und Opernballkumpan von Ferdinand Piäch, als sie jüngst den Verkauf der 20prozentigen Beteiligung des Landes Niedersachsen an VW forderten. Doch begründet haben sie ihre Forderung allein mit den Regeln einer ordentlichen Haushaltspolitik. Nach Ansicht der Grünen hat sich das Land nämlich mit Hilfe des VW-Paketes den Zugriff auf einen Schattenhaushalt eröffnet, über den sich indirekt Kredite aufnehmen lassen, die im eigentlichen Landeshaushalt nicht als höhere Verschuldung auftauchen.
Schon seit 1986 ist eine 100prozentige Landestochter, die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft (Han BG), Eigentümerin des 20-Prozent-Anteils. Die Han BG mußte bei allen VW-Kapitalerhöhungen erneut zur Bank gehen, auch als das Land sich Gesellschafterdarlehen in Höhe von 268 Millionen Mark zurückzahlen ließ. Inzwischen übersteigen bei der Han BG die Kreditzinsen für die VW-Beteiligung die Dividende von etwa 50 Millionen Mark pro Jahr, die Gesamtschulden stiegen auf 1,7 Milliarden Mark. Den Vorwurf des Schattenhaushaltes machen die Grünen vor allem an der Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens fest.
Das gesamte niedersächsische VW-Paket hat gegenwärtig einen Kurswert von etwa 2,9 Milliarden Mark, von denen nach Ansicht der Grünen Aktien im Wert von 1,6 Milliarden Mark der Substanz nach der VW-Stiftung gehören. Den Wert aller Beteiligungen, die Han BG hält, schätzen die Grünen auf gut 3,3 Milliarden Mark. Da 1,7 Millarden Mark Schulden der Han BG plus 1,6 Milliarden an Aktien, die eigentlich der VW-Stiftung zustehen, zusammen genau 3,3 Milliarden Mark machen, sehen die Grünen in jeder weiteren Verschuldung der Beteiligungsgesellschaft „ein Aufzehren des Vermögens der VW-Stiftung“.
Um das zu verhindern, soll die Stiftung ihre Aktien verkaufen. Der Erlös soll nach dem Vorschlag der Grünen anschließend als Kredit ans Land gehen. Das würde dreimal soviel bringen als die Dividende von VW. Aussicht auf Realisierung hat der Grünen-Vorschlag allerdings derzeit kaum. Im niedersächsischen Finanzministerium ist der Verkauf der VW-Anteile schlicht „kein Thema“. Das Land müsse sich den Einfluß auf das Unternehmen erhalten. Jürgen Voges
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen