Haas-Prozeß ist geplatzt

■ Das Verfahren um die „Landshut“-Entführung muß wegen Krankheit der Angeklagten neu aufgerollt werden

Frankfurt/Main (taz) – Der Strafprozeß gegen Monika Haas vor dem 5. Strafsenat des Frankfurter Oberlandesgerichts ist gestern wegen Erkrankung der Angeklagten geplatzt. Mit Eilanträgen verhinderten ihre Verteidiger gestern Mittag ihre gewaltsame Einlieferung in das Gefängniskrankenhaus in Kassel. Haas war angeklagt, 1977 als RAF-Mitglied Waffen für eine Flugzeugentführung nach Mallorca geliefert und die Entführung des Arbeitgeber- Präsidenten Hanns-Martin Schleyer mit geplant zu haben. Sie hatte diesen Vorwurf immer wieder vehement bestritten und versucht, ihre Unschuld zu beweisen. Der Prozeß war über die zulässige Frist von zehn Tagen hinaus unterbrochen worden und muß nun neu aufgerollt werden. Seit der Erkrankung seiner Mandantin, so der Frankfurter Rechtsanwalt Armin Golzem gestern, sei das Verfahren um deren Haftentlassung „mehr und mehr von Heimlichkeit und Verlogenheit bestimmt“.

Die Angeklagte leidet an einem doppelten Bandscheibenvorfall und kann nur noch unter großen Schmerzen sitzen oder stehen. Dies hatte auch die Bundesanwaltschaft nach anfänglichem Zweifel akzeptieren müssen. Seither kämpft Haas nach 15monatiger Untersuchungshaft nicht nur gegen die Anklage, sondern auch um eine fachgerechte Behandlung und ist dabei einem verwirrenden Behörden-Hickhack ausgesetzt. Noch am 16. Februar hatte das zuständige Oberlandesgericht Haftverschonung angeordnet. Die Entlassung war jedoch nach einer Beschwerde der Bundesanwaltschaft gestoppt worden. Sie begründete dies vor allem mit Fluchtgefahr, weil sich Haas, die dadurch eine Gefährdung für sich und ihre Kinder befürchtete, geweigert hatte, im Prozeß Aussagen über ihren geschiedenen palästinensischen Ehemann, den PFLP-Funktionär Zaki Helou, zu machen. Eine Bandscheibenbehandlung sei, so Bundesanwältin Fischer in der Begründung, schließlich „auch im Ausland“ möglich. Über diese Beschwerde wird der Bundesgerichtshof erst befinden, wenn ein vorrangiger, derzeit in Frankfurt gestellter Antrag der Verteidigung auf Haftentlassung entschieden ist. Monika Haas war in der vergangenen Woche unter schwerer Polizeibewachung in ein Frankfurter Krankenhaus gebracht worden. Ein Gutachter diagnostizierte die Notwendigkeit einer Spezialbehandlung und stellte Haftunfähigkeit fest. Überraschend war sie dann am Donnerstag ins Gefängnis zurückverlegt und ihr zwangsweiser Transport in das Gefängniskrankenhaus Kassel angekündigt worden. Dieses ist, auch nach Aussage der dortigen Ärzte, für eine Therapie nicht ausgerüstet.

Diese Entscheidung sei, so die Verteidigung, „ohne jede Anhörung der Betroffenen“ und in Abwesenheit des Vorsitzenden Richters getroffen worden. Sie attestierte der Bundesanwaltschaft „Beißzwang“ und fürchtet für ihre Mandantin dauerhafte physische und psychische Schäden und eine Verfahrensverschleppung. Nach den ersten Verhandlungstagen des geplatzten Prozesses hatte sich die öffentliche Kritik an dem Verfahren gemehrt, dessen Grundlage vor allem Stasi-Akten bilden, die ursprünglich dazu gedient hatten, Haas und ihren damaligen Ehemann „operativ zu bearbeiten“ und mit lancierten Gerüchten zu diskreditieren. Die als Kronzeugin vorgesehene Flugzeugentführerin Souhaila Andrawes hatte ihre Haas belastende Aussage wieder zurückgezogen. Heide Platen