Kultur häppchenweise

■ Der Museumsdienst Hamburg kämpft kreativ gegen das dröge Museums- image und hat damit Erfolg Von Ina Werner und Patricia Faller

Die Gruppe, die sich am Donnerstag nachmittag im Eingangsbereich des Museums für Völkerkunde zusammengefunden hat, ist bunt gemischt: Da sind die RentnerInnen, die kaum einen der Donnerstags-Veranstaltungen des Museumsdienstes Hamburg versäumen, und ein paar SchülerInnen und Studierende; ein Mann gibt sich als Greenpeace-Mitglied zu erkennen, eine andere Besucherin bezeichnet sich als „Menschenrechtlerin“ . Alle warten auf den Vortrag „Quo vadis Bikini, Mururoa, Fangataufa – mißbrauchte Inseln im Pazifik“. Aus dem Vortrag wird zwar eine kleine Führung durchs Museum, und anschließend wird ein Video gezeigt, aber das stört weiter keineN.

Eindringlich beschreibt die Völkerkundlerin Heide Lienert-Emmerlich das Schicksal der Bikinier. Ihre Vertreibung auf das kleine Kilie-Island, als die US-Amerikaner 1946 auf ihrem Atoll eine Wasserstoffbombe zündeten. Die Verseuchung, die eine Rückkehr unmöglich macht. Die Perspektivlosigkeit eines Volkes, das, seiner Lebensgrundlagen Fischfang und Kokos-ernte beraubt, seither von Wiedergutmachungen lebt. Die Zivilisationskrankheiten, die sich breit gemacht haben wie die Statussymbole der westlichen Welt. Als die Führung der Expertin für Papua-Neuguinea zu Ende ist, hat selbst der Greenpeaceler noch etwas dazugelernt.

„Unsere Museen sollen attraktiver werden“, war einst die Motivation für die Gründung des Museumsdienstes Hamburg, der sich damals noch Museumspädagogischer Dienst nannte. Längst sind nicht mehr nur SchülerInnen die Zielgruppe, auch ältere Jahrgänge werden angesprochen, zum Beispiel mit dem Kurzführungsprogramm „12 Uhr mittwochs“ für Berufstätige. Nach dem Motto: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ kann man sich in der Mittagspause ein Häppchen Kultur reinziehen.

Fachwissenschaftler und Museumspädagogen haben sich zusammengetan, um für sechs staatliche Hamburger Museen ein Programm zu erarbeiten, das sich auf Einzelkunstwerke oder eng begrenzte Ausstellungsbereiche beschränkt. Das Abschalten vom Berufsalltag soll sich dadurch einstellen, daß sich die TeilnehmerInnen kurzfristig auf eine unerwartete, ihnen im Augenblick fernliegende Fragestellung einlassen. Da entspinnen sich dann 20minütige Diskussionen vor einem Kunstwerk von Beuys über die Frage: Was ist Kunst?

Daß es eine willkommene Abwechslung ist, beweisen die Besucherzahlen: Bis zu 180 Interessierte kommen beispielsweise zu einem Termin in die Kunsthalle, ins Altonaer Museum immerhin noch bis zu 40. Nur im Museum für Hamburgische Geschichte geriet das Angebot zum Flop und wurde eingestellt.

In den Ferien hat der Museumsdienst Kindern, die nicht verreisen können, einiges zu bieten. Vom 5. bis 15. März heißt das Thema: Jedes Bild braucht einen Rahmen. Da fallen Bilder durchaus auch aus dem Rahmen und lernen laufen – wie bei einem Drachenspiel im Altonaer Museum. Das Museum bietet einen Rahmen für historische Theaterstücke wie im Museum für Hamburgische Geschichte, für sagenhafte Geschichten wie im Museum für Kunst und Gewerbe und für Spiele aus fernen Ländern wie im Museum für Völkerkunde.

Wer Kindergeburtstage einmal anders feiern möchte, etwa a la Ritter Kunibert oder in der Lego-Zauber-Erfinder-Werkstatt, der kann sich an den Museumsdienst wenden. Und auch für Firmenjubiläen stehen MuseumspädagogInnen, Kunst- und KulturwissenschaftlerInnen zur Verfügung: für Führungen etwa durch „Gründerzeitliche Pracht und dunkle Hinterhöfe St. Georgs“ oder die umgenutzten Fabriken in Ottensen.