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: Objekte erotischer Anmutungen?

„Der Sportspiegel“, Donnerstag, ZDF, 22.15 Uhr

„Viel lieber würde ich nur schwimmen“, sagte Julia Jung aus dem hessischen Dillenburg dem Fernsehreporter Bernd Wilting höflich ins Mikrophon. Diese Antwort hatte er wohl hören wollen, also hat er sie bekommen. Wilting hatte die Tennisspielerin Jana Kandarr, die Gymnastin Magdalena Brzeska, die Eiskunstläuferin Tanja Szewczenko und die Schwimmerin Julia Jung gefragt, wie es denn sei, auch als Werbefiguren interessant zu sein. Alle außer Julia Jung haben bisher noch keine Weltklassemeriten gesammelt und sind doch gleichzeitig mehr als nur Sportlerinnen – womöglich Objekte erotischer Anmutung oder gar sexueller Anbetung.

Doch so genau spitzte der Autor sein Anliegen nicht zu, wie überhaupt unklar blieb, was nun so skandalös – oder neu – daran ist, wenn Athletinnen Geld mit Werbung verdienen. Denn abgesehen davon, daß die meisten Printmedien ebendieses Thema schon längst verwurstet haben, blieb äußerst vage, was Bernd Wilting überhaupt beanstandet. Wenn er schon keine These hatte, wären doch zumindest porträtartige Erzählungen ganz schön gewesen: Durfte die Eiskunstläuferin nach ihrem Werbeeinsatz nicht wieder aufs Medaillentreppchen steigen? Reicht der Brzeska etwa die geldwerte Show beim Stuttgarter Chrysanthemenball, mag sie sich überhaupt noch quälen, um auch in ihrer Sportart ganz nach vorn zu kommen? Ist es Julia Jung wirklich lästig, Geld zu verdienen? Ist Jana Kandarr nicht selber schuld, wenn sie den Fotografen einerseits ihr hübsches Köpfchen hinhält und sich andererseits über die Präsenz der Medien mokiert?

Fragen, die der Film erst gar nicht stellte. Weder von Ausbeutung war die Rede noch von sexuellem Mißbrauch – kein Skandal weit und breit. Vor Jahren war es durchaus modisch zu behaupten, daß Steffi Graf auf den Turnierplätzen der Welt doch ihre Jugend verloren habe und gar nicht zum Spielen gekommen sei. Die Tennisspielerin selbst hat diese dümmliche Vorstellung Erwachsener von einer schönen Teenagerzeit einmal so kommentiert, daß sie sich schlechtere Schicksale vorstellen könne, als sich von morgens bis abends mit Tennis zu beschäftigen. Und wenn sie auf Werbung keine Lust habe, könne sie ja nein sagen.

Ebendas nahm der letzte ZDF-Sportspiegel gar nicht erst unter die Lupe: daß keine der Sportlerinnen gezwungen wurde, zu tun, was sie tun. Aber Wilting suchte offenbar nach erschreckten Kindern, denen im Blitzlichtgewitter nicht wohl ist. 45 Minuten durften wir dabei mitmachen: müde am Ende – weil ergebnislos. Jan Feddersen