Das Portrait
: Die Radioaktivität

■ Antoine-Henry Becquerel

Antoine-Henry Becquerel entdeckte heute vor 100 Jahren die Radioaktivität Foto: Archiv

Es war eine Mischung aus Glück und Verstand, die gerade ihm diese bahnbrechende Entdeckung gelingen ließ, doch als Physikprofessor in der dritten Generation war er ihrer durchaus würdig: Als Antoine-Henry Becquerel am Abend des 2. März 1896 vor die Académie Francaise trat, verkündete er die Existenz einer neuen Strahlungsart. Ohne es vorauszusehen, hatte er damit den Grundstein für die Kernphysik gelegt; Atomspaltung, Bomben und AKW folgten.

Nach einem Vortrag fünf Wochen vorher über die damals brandneuen Röntgenstrahlen wollte Becquerel eigentlich nur testen, ob diese Strahlen auch entstehen, wenn die Sonne auf fluoreszierende Stoffe scheint. Er verpackte dazu Photoplatten dicht in schwarzes Papier, legte sie in die Sonne und streute die Fluoreszenzstoffe darauf. Sobald sie Röntgenstrahlen aussenden, dringen diese im Gegensatz zu Licht durch das Papier und belichten die Platte. Kein Stoff schwärzte das Photo – außer Uransalz. Also strahlt nur Uran unter Sonnenlicht, hätte ein anderer gefolgert. Nicht jedoch Becquerel. Er wollte den Versuch wiederholen. Doch über Paris zogen tagelang nur Wolken, die Platten warteten in einer Schublade auf besseres Wetter. Als Becquerel die Platten zwischendurch überprüfte, waren sie dort geschwärzt, wo Uransalz lag – ohne Sonnenschein. Das Uran gab also ohne äußere Einwirkung durchdringende Strahlen ab!

Eigentlich war mit Becquerels Entdeckung das Dogma vom unteilbaren Atom über den Haufen geworfen – nur merkte das damals niemand, auch er nicht. Erst die Arbeiten von Marie und Pierre Curie in den beiden folgenden Jahren ließen die Physiker erkennen, daß sich das Uran in andere chemische Elemente umwandelte und dabei strahlte. Die Curies prägten auch den Namen „radioactivité“.

Für seine Entdeckung erhielt Becquerel zusammen mit den Curies 1903 den Nobelpreis. Die drei waren auch die ersten, die mit Hautverbrennungen durch die Strahlen die Gefährlichkeit der Radioaktivität am eigenen Leib zu spüren bekamen. Alle drei starben an den Spätfolgen ihrer Versuche, Becquerel 1908 mit 56 Jahren. Später wurde die Intensität einer Quelle von Radioaktivität nach dem Franzosen benannt. Ein Becquerel (Bq) ist ein Zerfall pro Sekunde, das heißt, in jeder Sekunde wandelt sich ein Atomkern in einen anderen um. Reiner Metzger