Ostasien und die EU rücken zusammen

Der portugiesische Ministerpräsident Gutterres fordert in Bangkok die Freilassung eines Ost-Timor-Aktivisten und unterbreitet Indonesien zugleich ein Angebot  ■ Aus Bangkok Christian Rath

Portugals Premierminister Antonio Gutterres hat sein Versprechen wahrgemacht. Gleich zu Beginn des zweitägigen asiatisch-europäischen Gipfels (Asem) in der thailändischen Hauptstadt Bangkok sprach er gestern gegenüber dem indonesischen Präsidenten Suharto ein heikles Thema an: das Problem der seit 1976 von Indonesien annektierten ehemaligen portugiesischen Kolonie Ost-Timor. Suharto verzichtete entgegen seiner vor dem Gipfel gemachten Drohung auf eine frühere Abreise. An dem Treffen, bei dem es um die Intensivierung der gegenseitigen Beziehungen geht, nehmen Spitzenpolitiker der 15 EU-Staaten und sieben Asean-Staaten sowie China, Japan und Südkorea teil.

„Ich sagte zu Suharto nach dem gemeinsamen Abendessen ,Ich denke, wir haben ein Problem zu diskutieren‘“, berichtete Gutterres später gegenüber der Presse. Gutterres forderte die Freilassung des zu 20jähriger Haft verurteilten Führers der Ost-Timor-Befreiungsbewegung Frelimo, Xanana Gusmao. Aber er unterbreitete auch ein Angebot, das Suharto wohl aufhorchen ließ. Gutterres schlug vor, die Kontakte zwischen beiden Ländern wieder zu intensivieren. Beide Seiten sollten bei den jeweiligen niederländischen Botschaften in Djakarta und Lissabon spezielle Büros einrichten.

Suharto wies den Vorschlag weder zurück noch akzeptierte er ihn. Er kündigte lediglich an, die Idee im Rahmen der UNO diskutieren zu wollen. Gutterres hat damit den Spagat bewältigt, einerseits die heimische Öffentlichkeit zufriedenzustellen, die von ihm ein offenes Wort zu Ost-Timor erwartet hatte. Andererseits hat er möglicherweise die Grundlage für eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zu Indonesien gelegt. Hieran sind vor allem die EU-Partner interessiert, da Portugal wegen der Menschenrechtslage in Indonesien eine Weiterentwicklung des EU-Kooperationsabkommens mit den Asean-Staaten verhindert. In den 20 Jahren der indonesischen Besetzung sind nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen 200.000 Ost-TimoresInnen getötet worden.

Das bilaterale Gespräch zwischen Gutterres und Suharto soll nach dem Willen des gastgebenden thailändischen Premiers Banharn stilbildend für diesen und weitere Asem-Gipfel sein. Konflikte zwischen einzelnen Staaten sollen im informellen Rahmen unter den Beteiligten besprochen werden.

Bundeskanzler Helmut Kohl führte derweil am Rande des Gipfels bilaterale Gespräche anderer Art. Den thailändischen Premier wies er höflich darauf hin, daß sich für den Bau der Bangkoker U-Bahn auch deutsche Unternehmen beworben hätten. Als Gegenzug für das offene Ohr Banharns weihte der Kanzler den Gastgeber in die Geheimnisse des dualen Systems der deutschen Berufsausbildung ein.

Am Rande des Gipfels kam es gestern zu Demonstrationen thailändischer Bauern gegen den Regierungschef. Ursache war ein Skandal in dessen Heimatwahlkreis, wo für den Bau eines neuen Verwaltungszentrums Bauern gesetzeswidrig von ihrem Land vertrieben wurden. Nach Informationen einer örtlichen Initiativgruppe waren jedoch die Zufahrtswege nach Bangkok weiträumig von der Polizei blockiert worden, so daß nur 500 Bauern zum Versammlungsort gelangen konnten.