■ Schöner Leben
: Voll die Klatsche

Immer noch klingt mir Vatters Vorwurf in den Ohren. Die ersten Ami-Serien im deutschen Fernsehen, der übliche Heile-Welt- Schmus, gar lustige Verwicklungen zwischen Pa, Ma, den Kids und ihrem Köter – nun gut: Das hätte Vatter ja noch stillschweigend, vielleicht sogar belustigt hingenommen. Aber daß hier an seiner statt gelacht wurde, daß mitten in die dümmsten Scherzchen das Gewieher einer unsichtbaren Meute hineinschmetterte – das war eindeutig zuviel. Ja, wo saß diese Herde Lach- und Klatschsüchtiger eigentich? Mitten bei Pa & Ma im Wohnzimmer, resp. im Fernsehstudio? Wieso wurde der deutsche Fernsehzuschauer dieser Claquers niemals ansichtig? Wieso machte die Kamera immer einen großen Bogen um diese allzu lustigen Herrschaften?

Ja, warum wohl? Nicht etwa, weil – wie Vatter vermutete – diese Lacher „sowieso nur vom Tonband“ kamen. Nein, die Wahrheit ist eine andere, wie wir heute wissen. Die gnädige Regie jener Tage ersparte uns nämlich den Blick in eine Fratze, die uns heute leider auf allen Kanälen stündlich vorgeführt wird: das Gesicht des Publikums.

Keine Sendung mehr ohne die glücklich verschwitzten Gesichter des Studiopublikums. Keine Game- oder Talkshow, kein Interview, kein Fußball, kein Scherz mehr, der nicht von einer Meute gedungener Applausspender begleitet bzw. zunichtegeklatscht würde. Hunderte von Busladungen voll dieser Irren müssen unentwegt über deutsche Autobahnen brummen, von Studio zu Studio, um die Ränge zu füllen. Damit nur keine peinliche Stille entsteht zwischen Arabellas kessen Kommentaren über den Mehrweg-Orgasmus und Reinhold Beckmanns albernen Alliterationen über Augenthalers Ausrutscher in der 89. Minute. Nein: Damit der Zuschauer wirklich zweifelsfrei weiß, was er so alles zu lachen hat, klatscht ihm der Studiogast was vor, besinnungs- und willenslos, ein überdrehter Schellenaff', dem auf Knopfdruck die Patschhändchen feucht werden.

Ist aber diese Fratze, so höre ich Pfarrer Sommerauer aus dem Ersten herüberbeten, ist dieses Antlitz nicht – unser eigenes? Irgendwie? Hält Arabella nicht dem Fernsehpublikum letztlich nur den Spiegel vor? Hmmm?

Nö. Wir fordern: Fernsehzuschauer – raus aus dem Fernsehen. Und damit zurück zu Heribert Faßbender. Thomas Wolff