Eigenwilliger Umgang mit Fakten

■ betr.: „Schmutz statt Ehre“, taz vom 10. 2. 96, „Statt Recherche nur Parteinahme“, taz vom 15. 2. 96, „Jüdischer Weltkongreß“, taz vom 17. 2. 96

„Statt Recherche nur Parteinahme“ – dieser Titel ist eine gute Charakterisierung des taz-Artikels von Anita Kugler. In der guten Absicht, die Ehre von Simon Wiesenthal gegen „Panorama“ (8. 2. 96) zu verteidigen, geht mit der taz- Autorin Kugler alle journalistische Vernunft durch. Zu diesem hehren Ziel spricht sie Kurt Waldheim von allen Kriegsverbrechen frei und stempelt damit die renommierteste deutsche Kapazität in diesem Fall zum Laien ab: Professor Manfred Messerschmidt, deutsches Mitglied in der internationalen Historikerkommission zum Fall Waldheim. Er hatte in „Panorama“ Waldheim als „Gehilfe bei einem Kriegsverbrechen“ bezeichnet. Politische Motive Messerschmidts für die Verurteilung Waldheims, etwa Linksradikalismus, sind bisher unbekannt ...

Schon vor diesem Artikel hatte sich Anita Kugler in einem Kommentar („Schmutz statt Ehre“) durch einen sehr eigenwilligen Umgang mit Fakten ausgezeichnet. Kern des Kommentars war die Kritik des angeblichen „Panorama“-Titels: „Zerstörung einer Legende“. Ein Schuß in den Ofen – tatsächlich hieß der Beitrag: „Das Ende einer Legende“. Bange Frage: Hat sie den Film vor ihrem ersten Artikel gar nicht gesehen?

Zugute halten möchte ich ihr, daß sie mich danach anrief und erklärte, sie habe den Kommentar „mehr mit ihrem EQ als dem IQ geschrieben“. Daraufhin lieferte ich ihr diverse Hintergrundinformationen zu den Fällen Eichmann, Bormann und Mengele.

Nicht zugute halten kann ich ihr, daß sie in dem folgenden, eingangs erwähnten Artikel diese drei Nazis wegließ, weil sie nur noch Angriffschancen im Fall Waldheim witterte. Nun versuchte sie, unseren Hauptinformanten Eli Rosenbaum (OSI-Direktor im US-Justizministerium) zu diskreditieren:

„Zwischendruch beförderte (Rosenbaum) Waldheim zum SS- Offizier, dichtete ihm eine Mitgliedschaft in der NSDAP an ...“ Rosenbaum habe sich „in den Fakten heillos verheddert“. Nichts davon ist belegbar oder richtig, das weiß Kugler inzwischen. Trotzdem hofft sie offenbar, daß Gras über die Sache wächst, statt sich zu korrigieren.

Beeindruckend dann ihre Beweisführung zur Reinwaschung Waldheims vom Vorwurf der persönlichen Beteiligung an Kriegsverbrechen: „Der Inhalt des im Film gezeigten Dokumentes ... bleibt dem Zuschauer verborgen.“ Wie in jedem Fernsehbeitrag wurde das umfangreiche Dokument nicht vorgelesen, in dem Waldheim die Weiterleitung eines englischen Kriegsgefangenen zur „Sonderbehandlung“, sprich Ermordung, abgezeichnet hat. Kuglers taz-Kollege Jan Feddersen hätte problemlos eine der bei der „Panorama“-Pressekonferenz am 8. 2. 96 ausliegenden Kopien des fraglichen Dokumentes mitnehmen können. Wir hätten es auch gern zugeschickt.

Und noch ein schlagender Beweis gegen unseren Beitrag: Er rieche nach „Rache“. Dies sei die Ansicht von David Harris vom American Jewish Committee, „der größten jüdischen Organisation in den USA“. Weder ist das American Jewish Committee die größte jüdische Organisation in den USA noch ist Harris dieser Meinung – ein Anruf bei ihm genügt. Volker Steinhoff (einer der zwei „Panorama“-Autoren)