■ In Bangkok wurde die Chance auf ehrlichen Dialog vertan
: Handel und Menschenrechte

Als US-Präsident Bill Clinton vor drei Jahren die Regierungschefs der asiatischen Länder zum ersten pazifischen Gipfeltreffen nach Seattle lud, erweckte das nicht nur in Europa den Anschein, als stünde der alte Kontinent fortan am Rande des Weltgeschehens. So dürfte die hochrangige europäische Reisegruppe, die an diesem Wochenende zum weltpolitischen Stelldichein nach Bangkok jettete, schon über die Einladung froh gewesen sein: Allein das Zustandekommen des ersten asiatisch-europäischen Gipfeltreffens (Asem) war in den Augen von Bundeskanzler Helmut Kohl von allergrößter Bedeutung. Viel mehr wußten er und seine Begleiter aus der EU auch nach Ende der Gipfelshow nicht zu sagen.

Auf konkrete Ergebnisse hatte bei diesem Treffen freilich ohnehin niemand gewartet. Löbliches Ziel der Veranstaltung war es, dem ungeheuren Handelszuwachs zwischen Asien und Europa einen politischen Konsultationsmechanismus zur Seite zu stellen. Ob der Formelkompromiß von Bangkok – ein allgemeines Bekenntnis zur Förderung der Menschenrechte, verknüpft mit dem Versprechen, sich nicht in die inneren Angelegenheiten der anderen einzumischen – schon ausreicht, damit auch in Krisenzeiten der Dialog nicht abbricht, wird sich zeigen müssen. In einer Situation wie auf dem Tiananmen-Platz vor knapp sieben Jahren stehen Europa und China nun zwar beiderseitig im Wort, doch ahnt man heute schon, daß sich die Nutznießer dieser diplomatischen Abmachung auf der falschen Seite befinden werden.

Viel beunruhigender als der unbefriedigende Menschenrechtskompromiß ist jedoch der geradezu naive Glaube, mit dem Versprechen „asiatisch-europäische Partnerschaft für mehr Wachstum“ ließen sich alle Handels- und Wirtschaftskonflikte zwischen den Kontinenten in Wohlgefallen auflösen. Weil es dabei gar nicht um Prinzipienfragen geht, wäre hier mehr Ehrlichkeit nötig und möglich gewesen: Welcher europäische Maschinenbauer oder Textilhersteller fürchtet sich etwa nicht vor der Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation WTO? Deshalb läßt sich das nicht so leichtherzig versprechen, wie jetzt in Bangkok geschehen. Dem Freihandelsprinzip sind schließlich weder die Europäer noch die Asiaten treu.

Die Chance von Asem liegt nämlich gerade darin, abseits der liberalen Dogmen US-amerikanischer Politik zu einer vernünftigeren politischen Abwägung zwischen dem legitimen Schutz der eigenen Wirtschaften und einer sinnvollen Liberalisierung zu kommen. Georg Blume, Tokio