Bündnisgrüne drängt es in die Wirtschaft

■ Grüner Parteitag verlangt Ökosteuern und Arbeitszeitverkürzung. Kompromißangebot entschärft die rot-grüne Krise in Nordrhein-Westfalen

Mainz/Düsseldorf (taz) – Mit einer ökologischen Steuerreform, deutlichen Arbeitszeitverkürzungen und einer Reform der Einkommensteuer wollen die Bündnisgrünen die Wirtschaftskrise und die wachsende Arbeitslosigkeit bekämpfen. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz am Wochenende beschlossen sie fast einstimmig Eckpunkte für ein entsprechendes Konzept.

Erstmals redete ein führender Gewerkschaftsvertreter auf einem grünen Parteitag. Walter Riester, stellvertretender IG- Metall-Chef, betonte, wer Reformpolitik wolle, müsse Kompetenz und Konzepte anbieten und „Netzwerke in die Gesellschaft knüpfen“. Er bot den Bündnisgrünen einen „kritischen Dialog“ über die Zukunft der Arbeit und die Sicherung des Sozialstaates an und zeigte Sympathie für die Ökosteuerreform.

Im Dauerclinch zwischen den Bündnisgrünen und der SPD in NRW bahnt sich unterdessen eine Lösung an. In Absprache mit der örtlichen Bürgerinitiative gegen den Dortmunder Flughafenausbau scheinen die Grünen nun bereit, die Haushaltsblockade gegen den Etat des sozialdemokratischen Wirtschafts- und Verkehrsministers Wolfgang Clement aufzugeben. Man will nun der Modernisierung des Flughafens mit Landesmitteln – eingeplant sind dafür 20 Millionen Mark – zustimmen, wenn damit keine Ausweitung des Flugverkehrs und keine Erweiterung der Landebahn verbunden ist.

Auf dem SPD-Parteitag in Duisburg sagte Clement, er „stehe zu dieser Koalition“, sei aber über das „Klein-Klein bitter enttäuscht“. Auch Ministerpräsident Johannes Rau sprach sich für die Fortsetzung der Koalition aus. An die Grünen appellierte der Regierungschef, Verantwortung „für das ganze Land“ zu übernehmen und „nicht nur für kleine Gruppen und deren Interessen“.

Auf ihrem Mainzer Parteitag appellierten grüne Spitzenpolitiker an die Sozialdemokraten, das Regierungsbündnis nicht durch Vertragsbruch platzen zu lassen. Fraktionssprecher Fischer rief die Sozialdemokraten auf „zu Geist und Buchstabe einer fairen Zusammenarbeit“ zurückzukehren. Den Grünen in NRW versicherte er unter großem Beifall: „Wir stehen hinter euch.“

Johannes Rau wurde auf dem SPD-Parteitag in Duisburg erneut zum Landesvorsitzenden gewählt. In einer sehr auf Ausgleich bedachten Rede lobte der Düsseldorfer Regierungschef die „erfolgreichen Haushaltsverhandlungen“ der Koalitionäre. Die SPD sei „ein fairer Koalitionspartner, und wir wollen das bleiben“. Zu seinen Stellvertretern wählten die Delegierten Bildungsministerin Gabriele Behler und Clement.

Das Wahlergebnis unterstreicht Clements zentrale Rolle in der nordrhein- westfälischen SPD. Gut 84 Prozent der Sozis stimmten für ihn. An den politisch gestärkten Wirtschaftsminister kommt in NRW nun niemand mehr vorbei. Karin Nink/Walter Jakobs Seiten 4, 5 und 10