Israel erklärt der Hamas den Krieg

■ 19 Tote bei erneutem Selbstmordattentat im Zentrum von Jerusalem. Weizman: Friedensgespräche aussetzen

Jerusalem/Tel Aviv (taz/AP/Reuter) Fast derselbe Ort, fast dieselbe Uhrzeit: Genau eine Woche nach dem Anschlag auf einen Bus in der Innenstadt von Jerusalem hat ein Selbstmordattentäter am Sonntag morgen wieder einen Bus der Linie 18 in die Luft gesprengt. Mindestens neunzehn Menschen wurden getötet, zehn weitere verletzt. Der Bus explodierte in nächster Nähe des städtischen Polizeihauptquartiers, des israelischen Innenministeriums und der Hauptpost.

Der Selbstmordattentäter wurde von der israelischen Polizei als ein 24jähriger palästinensischer Student aus Hebron identifiziert. Zu dem Anschlag bekannte sich eine Splitterorganisation der Hamas mit dem Namen „Die Schüler von Jahja Ajasch“ – benannt nach dem am 5. Januar vermutlich von israelischen Agenten ermordeten Bombenkonstrukteur der Hamas. Auf einem Flugblatt der Gruppe wurde die Bluttat als Rache für den Tod von Ajasch bezeichnet. Weiter hieß es, dies sei der letzte Racheakt gewesen. Jetzt werde die Gruppe drei Monate lang auf Gewalt verzichten, solange die Israelis nicht erneut gegen die Hamas vorgingen.

Nach dem neuerlichen Anschlag hat Staatspräsident Eser Weizman den Abbruch der Friedensgespräche mit den Palästinensern verlangt: „Wir sind im Krieg“, sagte er dem israelischen Rundfunk. „Ich schlage vor, daß die Regierung jetzt Schluß macht, die Friedensgespräche aussetzt und nachdenkt.“ Ministerpräsident Schimon Peres, der am Tatort wie in der Woche zuvor von der aufgebrachten Menschenmenge ausgebuht wurde, erklärte, es sei „ein für allemal entschieden“, daß die Hamas „zerstört wird“. Peres kündigte an, er werde einen Plan zur Abtrennung der palästinensischen Gebiete in Kraft setzen. Der Busverkehr im ganzen Land werde von einer Spezialeinheit überwacht. Der israelische Armeerundfunk meldete, die Regierung werde auch zu Abschiebungen greifen und Häuser der Familien von Hamas-Attentätern unzugänglich machen oder zerstören. Die israelische Armee erklärte die palästinensischen Städte im Westjordanland zu „geschlossenen Militärzonen“. Damit ist israelischen Bürgern der Zugang zu den Orten untersagt.

Weizman traf gestern vormittag zu einem Krisengespräch mit Peres und Likud- Führer Benjamin Netanjahu zusammen. Der israelische Bildungsminister Amnon Rubinstein sagte die karnevalsähnlichen Feiern zum jüdischen Purim-Fest ab. Der Jerusalemer Bürgermeister Ehud Olmert sagte, die Terroranschläge hätten die öffentliche Unterstützung für die bisherige Friedenspolitik zunichte gemacht.

Der Präsident des palästinensischen Autonomierates, Jassir Arafat, verurteilte den Terrorakt auch diesmal. Zugleich kündigte er ein Verbot der bewaffneten Organisationen aller palästinensischen Gruppen an, darunter auch die der Hamas und seiner eigenen Fatah. Nach seinem Auftritt rollten palästinensische Panzerwagen in einer Demonstration militärischer Stärke durch Gaza-Stadt. Nach dem Anschlag vom 25. Februar hatte Arafat bereits eine Razzia gegen Hamas-Anhänger angeordnet. Dabei sollen 300 Personen festgenommen worden sein.

Das Attentat löste weltweit Entsetzen aus. Mehrfach wurde gemahnt, daß der Friedensprozeß nicht scheitern dürfe. Tagesthema Seite 3