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Geboren, ein Star zu sein

■ Ein Besuch bei Angie Stardust, die mit ihrem Nachtclub auf dem Kiez seit über vier Jahren efolgreich ist Von Nele-Marie Brüdgam

„I'm born to be a star“. Sie liebt die Selbstdarstellung, sie liebt Interviews: Angie Stardust, geboren vor 46 Jahren in Virginia, USA. Seit viereinhalb Jahren hält sie Angie's Nightclub am Spielbudenplatz in Schwung, der durch sie – nach eigener Einschätzung – „zum besten Nightclub in ganz Deutschland“ wurde. Auch momentan gibt es für die „Club Mama“ jede Menge zu tun, obwohl sie eigentlich Urlaub hat. Die „Boys“ aus ihrer Band Casablanca kämen eben allein nicht zurecht, erzählt Angie. Und überhaupt bedeute Urlaub vor allem, viel Geld auszugeben, was man schließlich immer tun könne, und zwar – als „echte Hamburgerin“ – am liebsten zu Hause.

Im grell-orangenen Mantel und mit schriller Sonnenbrille kommt Angie an einem tristen Februarabend, der ab sofort ihr gehört, ins Wohnbüro ihres Managers gewirbelt. Von Franck Winnig, gleichzeitig so etwas wie ihre „beste Freundin“, läßt sie sich aus dem Mantel helfen. Sie verteilt Kosmetikproben als Begrüßungsgeschenke, macht es sich auf dem Sofa bequem und raucht und gestikuliert und redet in einem fort: von ihrer Jugend – als Tochter strenger Eltern und im harten Showgeschäft Amerikas – und wie sie als 19jährige in einer Nacht-und-Nebel-Aktion auf der Flucht vor der Mafia die Heimat verlassen habe. Sie flog über den Ozean, denn schon als Kind war sie verzückt von einem Kalenderblatt mit Kuh auf grüner Alm gewesen, erklärt Angie: „Europa hatte ich immer in mir.“

Revuen und Kabaretts in vielen Ländern, die Zeit als Leiterin der Hamburger „Crazy Boys“, die Filmrollen – unter anderem in Rosa von Praunheims „Stadt der verlorenen Seelen“ – und schließlich ihr Nightclub: Alles ist für Angie Schicksal, oder besser: Gottes Geschenk. Darum ist sie zufrieden, hat „kein Heimweh nach nirgendwo“, außer nach den Eltern, mit denen sie regelmäßig telefoniert. Ihre „magische Persönlichkeit“, wie Angie sie nennt, beschert ihr auch kostbare Freundschaften, zum Beispiel mit Marla Glenn. Ja, sie fühle sich wie ein richtig glückliches „Sonnenkind“, aber „mit viel Stil“ und äußerst gefühlvoll: „Wenn ich Gospel-Musik höre, fange ich leicht an zu weinen.“

Auch im schicken Wohnzimmer funktioniert Angie bald ihr Sofa zur Bühne um: Auf jede Frage antwortet sie, als gehörte das zu der Show, als die sie ihr Leben inszeniert. Sie sei eben „erstens, letztens und überhaupt eine Entertainerin“, sagt sie mit großen Gesten. Nur auf ein Gespräch über künstliche Fingernägel, das sich geradezu aufdrängt, darauf will sie sich nicht einlassen: Nein, mit den langen Krallen komme sie bestens zurecht und könne alles machen.

Und wie erklärt Angie ihren großen Erfolg vor allem bei Schwulen? „Publikum, das ist einfach mein Publikum! Sexuelle Präferenzen gehen mich überhaupt nichts an!“ Angie will uns, sich und überhaupt alle in erster Linie unterhalten, da wäre es doch unhöflich, dieses Angebot einer sympathischen Dame auszuschlagen.

Den Erfolg hat sie sich hart verdient. „Angie will es jetzt packen“, sagt ihr Manager. Er meint damit ihre „Homepage“ im Internet (unter anderem mit „sieben Lektionen, nach denen man eine echte Diva werden kann“), Angies jüngst erschienene CD „Inside me“, eine geplante monatliche Fernsehshow und die „One-Woman-Show“, mit der sie im kommenden Herbst durch deutsche Nobelhotels touren wird. Als Vorbereitung hat die En-tertainerin sich jetzt einen Outfit-Berater und ein Interview-Training genehmigt. Da soll sie beispielsweise lernen, daß auf die Behauptung „I'm born to be a star“ in Deutschland schon mal die Frage „Wer glaubst Du eigentlich, wer Du bist?“ folgen kann. Doch für sie ist es einfach korrekt und ehrlich, in einem solchen Fall zu antworten: „Ein Star, ein Star!“

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