Lieber Karl- Heinz Böhm

Sie haben sich hierzulande rar gemacht in den letzten Jahren. Gut, es gab schließlich viel zu tun in Äthiopien. Hier einen Brunnen bohren, dort ein Spital hochziehen – es kostet viel Zeit, wenn „Menschen für Menschen“ da sein wollen. Um so größer die Freude, als wir erfuhren, daß Sie sich ein wenig von der Arbeit im Feldlazarett freimachen konnten und uns auf dem Bildschirm beehren wollten. Am Montag war es endlich soweit: Ihr Auftritt als Gaststar in der ersten Folge der neuen „Bergdoktor“- Staffel auf Sat.1.

Sich selbst spielten Sie, einen geläuterten Entwicklungshelfer, der nichts mehr davon wissen will, einst als junger Kaiser der Sissi nachgestiegen zu sein. Das Ganze sah nur leider so aus wie ein Pilotfilm für den „Gesundheits-Report“ auf Geronto-TV, dem Spartenkanal für die als „Kukidents“ Geschmähten.

Was sonst soll man davon halten, wenn Sie als moralinsaurer älterer Herr mit chronischem Helfersyndrom einen Tiroler Arzt aufsuchen, weil Sie Rückenprobleme haben, und dabei psalmodieren: Äthiopien, Äthiopien und noch mal Äthiopien – da gebe es zwar massig Elend, aber keinen vernünftigen Orthopäden.

Doch wir wollen nicht zu hart sein, es ist ja alles für einen guten Zweck. „Eine neue Form der Spendenwerbung“ nennen Sie es selbst, weshalb im Abspann auch eine sattsam bekannte Kontonummer eingeblendet wurde. Ansonsten kamen eher die Freunde der Statistik auf ihre Kosten. Schließlich lieferten Sie Fakten, Fakten, Fakten, daß man glauben mochte, Helmut Markwort selbst habe das Drehbuch verantwortet. Es waren erschütternde Zahlen, mit denen Sie uns ins Gedächtnis zurückriefen, „wie gut wir es eigentlich haben“. Viele ÄthiopierInnen müßten trotz der bisher von Ihnen vermittelten Hilfe – 235 Millionen Mark – immer noch „bis zu 20 Liter schwere Krüge mit verschmutztem Wasser zehn Kilometer weit schleppen“, obwohl Ihre Leute schon „613 Wasserstellen mit Handpumpen und Quellfassungen“ gebaut haben.

Sie wären doch besser „da unten“ geblieben, wie es immer dann heißt, wenn man nicht „im Busch“ sagen darf. Fall es also wieder mal zwickt, gehen Sie doch bitte gleich zum richtigen Arzt, aber ohne Kamerabegleitung. Ein Neurologe müßte sich im Branchenbuch von Addis Abeba doch finden lassen. Clemens Gerlach