Fern von Räuschen

■ Phillip Boa kehrt mit neuer Platte auf die stets ungeliebte Bühne zurück

Seit es Phillip Boa gibt, konnte er nie den Eindruck zerstreuen, daß er seine Musik eigentlich für sich selbst betreibt, aber trotzdem gerne von Fans verehrter Popstar sein möchte. Immer distanziert und arrogant, in seiner Musik immer peinlichst darauf bedacht, keine Peinlichkeit zu begehen, wich die gewisse Frostigkeit eines Menschen, der seine Überlegenheit auf den Intellekt begründet und das Gefühl als Falle betrachtet, nie aus seiner Musik. Das limitierte stets und auch auf seiner neuen CD SHE die Liebesfähigkeit seines Publikums.

Seine ganze, sicherlich enorme Kreativität leidet an dieser angezogenen Handbremse. Denn die erste Popregel, daß es in dieser Musik um ich und du und Sex geht, ist bei Boa rationales Bekenntnis an der Grenze zum Kalkül. Damit gewinnt er zwar eine distinguierte Bandbreite – SHE vereint Dub-, Trance-, Pop- wie Rockstücke –, aber Geilheit, Gehenlassen, Gier und liebenswerter Größenwahn, die Düngemittel des herzzerreißenden Popsongs, fruchten in diesem Klima nur als Bemühen.

So ist auch SHE wieder eine erstaunliche Platte, die weniger in Malta als in Spitzbergen aufgenommen scheint, auf jeden Fall in der Einsamkeit, weit weg von Bierdunst, kollektiven Räuschen und lüsternen Blicken. Die Reaktion darauf kann Staunen sein, aber Begeisterung? Gleichzeitig ist Boa natürlich ein Könner, der dem Gefühl, auf der Suche nach den eigenen Widerständen zu sein, einen überlegten Ausdruck gibt. Seine Fans, soviel ist sicher, arbeiten nicht mit den Händen.

Till Briegleb

Mi, 13.3., Docks, 21 Uhr