■ Israels Kollektivstrafen geben den Bombenlegern Macht
: Kriegermentalität

Israels Premier Peres ist zu weit gegangen, als er der Hamas den „all-out war“ erklärte. Aus zwei Gründen: Zum einen, weil man keinen allumfassenden Krieg führt. Vor allem aber, weil die Kriegserklärung gegen die Hamas von den Palästinensern als Kriegserklärung gegen sie alle verstanden wird. Nicht allein das Kollektiv „Hamas“ ist mit der Drohung gemeint, adressiert ist das Kollektiv „Palästinenser“. So zumindest agiert die israelische Regierung im Moment. Mit Kollektivstrafen. Die Häuser der Familien der Attentäter werden versiegelt oder zerstört. Ganz Palästina soll abgesperrt werden mit Zäunen, Hunden und Militäreinheiten. Israelisches Militär schließt palästinensische Universitäten, Palästinenser werden auf Marktplätzen zusammengetrieben und vernommen, ganze Regionen unter Ausgangssperre gestellt. Das ist eine Mischung aus Besatzer- und Kriegermentalität.

Vielleicht fühlt sich Peres zu diesen Maßnahmen gezwungen, vielleicht ist das israelische Potential für Rationalität in Sachen Frieden einfach zu kläglich, hatte zu wenige Chancen zu gedeihen angesichts der – noch immer währenden – Bedrohung feindlicher Nachbarn. Bloß: Die Unhaltbarkeit der jetzigen Situation sollte Rationalität befördern und nicht Umsichschlagen. Krieg und Frieden schließen ein-

ander aus.

Und noch etwas anderes gilt es sich zu vergegenwärtigen: Er, Peres, und damit die Israelis sind die Mächtigeren in dem israelisch-palästinensischen Konflikt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß der Eindruck entstanden ist, als läge die Macht bei jenen, die ohne Scham wahllos töten. Es gilt die Einsicht zu gewinnen, daß nicht die Willkürlichkeit des Tötens den Tötenden Macht bringt. Die Macht erhalten sie erst durch das wahnsinnige Verhalten Israels. Schon die Kollektivstrafen machen das klar: Wer ganze Familienexistenzen vernichten muß, um sich an einzelnen Tätern zu rächen, gibt jenen eine Macht, die sie andernfalls nicht hätten.

Peres' Aufgabe ist es nicht, einen Krieg zu führen. Seine Aufgabe ist es, das Erbe Rabins „Frieden schließt man mit Feinden“ fortzuführen – und zu differenzieren. Nicht mehr sind „die“ Palästinenser die Feinde. Sie sind zu Friedenspartnern geworden. Feinde sind nur die wenigen, äußerst gefährlichen Bombenträger. Jenen den Krieg zu erklären ist überflüssig. Sie überflüssig zu machen, darum geht es. Julia Albrecht