Neue Welle der Gewalt in Grosny

■ Mindestens zehn Tote bei Gefechten in Tschetschenien. Rebellenführer Salman Radujew stirbt an Kopfverletzungen

Grosny (AFP/AP) – Tschetschenische Rebellen haben sich mit russischen Truppen gestern in Grosny die seit langer Zeit schwersten Kämpfe geliefert. Dabei seien mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen, darunter auch Zivilisten. Das teilte ein russischer Regierungsvertreter in der tschetschenischen Hauptstadt nach einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax mit.

Die Unabhängigkeitskämpfer griffen den russischen Angaben zufolge mehrere russische Kontrollstellen am Stadtrand an und drangen in ein Wohngebiet im Westteil der Stadt ein. Die etwa 130 Rebellen hätten zwei Polizeiwachen gestürmt sowie fünf Beamte der moskautreuen tschetschenischen Regierung gefangengenommen.

Nach Korrespondentenberichten kontrollierten die Rebellen gestern mittag die rund zwei Kilometer lange Leninallee zwischen dem Sunscha-Fluß im Zentrum und dem Minutka-Platz im Südosten der Hauptstadt. Das staatliche russische Fernsehen berichtete, die Rebellen hätten zudem zwei Gebäude des prorussischen tschetschenischen Innenministeriums in der Innenstadt eingenommen. „Die Situation ist überaus ernst“, erklärte der stellvertretende Leiter der von Rußland eingesetzten Regierung, Junadi Usamow.

Die Nachrichtenagentur Interfax meldete unterdessen den Tod des Rebellenführers Salman Radujew. Er sei in einem Krankenhaus in der 40 Kilometer von Grosny entfernten Stadt Ursus- Martan schweren Kopfverletzungen erlegen, hieß es unter Berufung auf den Kommandeur der russischen Truppen in Tschetschenien, General Wjatscheslaw Tichomirow, weiter. Danach wurde Radujew am Montag verletzt, als er mit einem Granatwerfer beschossen wurde. Kurz zuvor sei Radujews Vater bei einem anderen Angriff ums Leben gekommen. Radujew hatte im Januar eine Partisanengruppe in die dagestanische Grenzstadt Kisljar geführt, wo sie mehrere hundert Geiseln nahm. Nach seinem Rückzug verschanzte sich das Kommando mit einem Teil der Geiseln im tschetschenischen Grenzort Perwomaiskoje, der von russischen Truppen tagelang bombardiert und später dem Erdboden gleichgemacht wurde.