Liebe und Schrecken

■ Sieben Frauen zeigen künstlerische „Eigen-Arten“

Zwei schwere Flügel einer großen Eingangstür sind über Eck an die Wand gestellt. Doch die aufwendig gestalteten Theatertüren sind kein Architekturzubehör, sondern Tore ins Phantastische. Nicht nur, daß sie nirgends hinführen, sie sind auch keineswegs aus Eisen, sondern aus Papier. Und ihre scheinbaren Glasfenster sind Fotos von kriegerisch wirkendem Schrott und marschierenden, italienischen Sturmtruppen: eine in sich widersprüchliche Erscheinung von bedrohlicher Aggression und dynamischer Leichtigkeit. „Es steckt vielleicht mehr Schrecken dahinter, als ich preisgeben möchte“, sagt die zwischen Hamburg und Mailand pendelnde Künstlerin Ursula Ebert.

Sie ist eine von den sechs Künstlerinnen, die die Hamburgerin Karin Ohlsen 1994 bei einer Ausstellung von sechzig Künstlerinnen aus Deutschland in Leipzig kennenlernte und für die jetzige Ausstellung Eigen Arten auf Kampnagel auswählte. Sie selbst zeigt in Halle K3 schmale, personengroße Leinwandbilder, die nicht nur ihre Bildwelt anbieten, sondern auch sprechen: Sie sind von einem anspielbaren Klangstab in einem Metallkasten begleitet. Ihren siebenteiligen Gemäldezyklus zum Thema „Liebe“ hat Karin Ohlsen so gehängt, das er über die Mauer hinausragt: deutliches Zeichen dafür, wie Malerei zunehmend die Wand verläßt.

Auch die anderen Künstlerinnen breiten sich ausgehend vom Bild in malerisch verstandenen Objekten in den Raum aus. Dabei ist das Material meist dem schönen Schein untergeordnet. Das alte Förderband für Reis aus dem Mailänder Schrott ist aus selbstgeschöpftem Papier und auch die rostigen Schutzschilde von Elke Lennartz sind nicht aus Metall, sondern aus rostbestreuter Gaze. Die Hildesheimerin baut aus zerbrechlichen Materialien einfache Urformen. Dabei ist dem Verweis auf das biologische Werden schon wieder der Stachel des Vergehens eingebaut: In der 24teiligen Bodenarbeit „Laich“ bewirkt die Vergrößerung der Eier und ihre rostfarbene Oberfläche ein Gefühl der Vergeblichkeit.

Biologische Assoziationen weckt auch die siebenteilige Installation aus Aluminiumgaze, PVC und vergoldetem Maulbeerbaumpapier von Dorothea Reese-Heim, Professorin in Paderborn. Wie eine dreidimensionale Zeichnung stehen die „Faszes“ genannten Objekte zart im Raum und machen erst auf den zweiten Blick ihre negative Potenz deutlich: Zitiert der Titel die altrömischen Liktorenbündel, Namensgeber und Emblem des Faschismus, so sind die Objekte eher vertrockneten Gewebeschnitten ähnlich, deren drahtige Nervenbahnen das Mark, das sie trägt, bereits zerstört haben.

Die jüngste Künstlerin ist die 31jährige Anneke Schepke aus Hannover. Sie entlockt dem so kunstgewerblich besetzten Material Glas rohbelassene, oft mit der Gußform noch verbundene Naturformen: vorstellbar werden Anhäufungen von Eis oder tote Käfer.

Hajo Schiff

Di-So, 16-20 Uhr, k3 auf Kampnagel, bis 13. März