Frauenmangel beim Putzen

■ Die Gebäudereiniger-Innung findet trotz intensiver Werbung kaum weiblichen Nachwuchs / Nur die Chefs sind Frauen

„Es gibt kaum ein Handwerk, das so facettenreich ist wie das des Gebäudereinigers“, trällert die Stimme im Videoclip, der gestern auf der Nachwuchs-, Werbe und Informationsveranstaltung der Landesinnung des Gebäudereinigerhandwerks Bremen und Nord-West-Niedersachsen im Gewerbehaus Bremen über die Mattscheibe flimmerte. Er sollte zeigen, wie wenig das Handwerk des Gebäudereinigers mit dem Klischee der guten alten „Putzfrau“ gemein hat. Da werden Fassaden instandgehalten oder ökologisch sinnvolle Konzepte für die Reinigung und Hygiene in Krankenhäusern überlegt. Besonders Frauen und Mädchen verschwenden aber kaum einen Gedanken daran, sich in diesem Handwerk, das an akutem Nachwuchsmangel leidet, ausbilden zu lassen.

„Wegen des hohen Einstiegsgehalts im Gegensatz zu anderen Frauenberufen ist unser Handwerk gerade für Mädchen interessant“, meint Susanne Selbrede, die für die überbetriebliche Ausbildung der GebäudereinigerInnen in Bremen zuständig ist. Bereits am Anfang der Ausbildung gibt es 895 Mark monatlich, später sind es 1.280. Ausgebildtete Kräfte erhalten bis zu 23,50 Mark in der Stunde.

Finanziell würde sich die Sache also durchaus lohnen. Dennoch kamen die ersehnten „zukunftsorientierten, aufgeschlossenen, erfolgsbewußten Jugendlichen“ gestern nur vereinzelt in den Innungssaal des Gewerbehauses in Bremen, um sich über das weite Tätigkeitsfeld, die günstigen Aufstiegschancen und Berufsaussichten des Gebäudereinigers zu informieren. So besteht neben der Aus- und Weiterbildung zum Gesellen, Objektleiter und Meister auch die Möglichkeit, als Reinigungs- und HygienetechnikerIn tätig zu werden oder das Fachhochschulstudium Diplom-Hygienetechnik aufzunehmen. „Arbeitslosigkeit kennen wir nicht. Meistens werden die Fachkräfte direkt von der Gesellenbank abgeworben“, versichert Wolfgang Kruse, Lehrlingswart der Innung.

Trotz solcher Vorteile scheint sich das Bild von Kopftuch, feucht durchwischen und schlecher Bezahlung vor allem in den Köpfen des möglichen weiblichen Nachwuchses festgesetzt zu haben. Mädchen und Frauen nehmen die zweieinhalbjährige Ausbildung zur Gebäudereinigerin noch viel seltener auf als Männer. Das Bild von der Putze - in der Realität des Lehrberufs ist es nur ein Klischee. „Im derzeitigen Berufsschuljahrgang haben wir insgesamt zwanzig Auszubildende. Nur drei davon sind Mädchen“, sagt Susanne Selbrede. Von den ausgelernten festangestellten Gebäudereinigern seien lediglich 20 Prozent weiblich.

„Mädchen werden selten ins Feld des Fensterputzers und Fassadenreinigers gehen, da hier ein größerer körperlicher Einsatz erforderlich ist“, meint Ausbilderin Selbrede. Auch Parkettschleifarbeiten oder Versiegelungen seien fast ausschließlich in Männerhand. In den meisten Fällen erleichtern aber moderne Geräte die Arbeit. Eimer und Reinigungsutensilien stehen auf Systemwagen, müssen also nicht geschleppt werden. Bodenbeläge werden mit elektrisch angetriebenen Scheuerautomaten geschrubbt, die nicht angeschoben, sondern lediglich geführt werden müssen.

Im Gegensatz zum allgemeinen Karrieretrend haben im Reini-gungsgewerbe Frauen die Führungspositionen inne. „Etwa 90 Prozent der Niederlassungs- und BereichsleiterInnen sind Frauen“, schätzt Wolfgang Kruse. „Die zumeist weiblichen Teilzeitkräfte, die bei den Reinigungsfirmen beschäftigt sind, lassen sich außerdem lieber etwas von Frauen als von Männern sagen. Gerade bei der Leitung von Mitarbeitern, aber auch bei Schulungen, also immer dort, wo es auf Organisationstalent ankommt, ist das weibliche Einfühlungsvermögen gefragt“.

bg