Gastkommentar
: Alter macht gelassen

■ Der totgesagte Frauentag lebt

Was soll ein internationaler Frauentag einer vielfach totgesagten Frauenbewegung? Bleibt uns bloß, um die weiteren noch wackligen Frauenprojekte und Frauenkulturräume zu zittern und das weltweite Leid unserer Schwestern zu beklagen?

Nein! Das Alter bewirkt neben Hitzewallungen bekanntlich Beharrlichkeit und eine größere Gelassenheit gegenüber den übermächtigen Verhältnissen. Als von den immer übertreibenden Medien bereits in den Kreis der Großmütter der Frauenbewegung Verbannte werde ich mit anderen Großmüttern und Töchtern den 8. März zelebrieren. Wir feiern, daß es Opfern von sexueller Folter und militärischer und paramilitärischer Gewalt heute gelingt, die Gewalt weltweit zu dokumentieren, daß die Mauer des Schweigens durchbrochen ist, daß wenigstens Teile des europäischen Auslands frauenspezifische Flucht- und Asylgründe anerkennen. Wir stoßen an auf die Projekte, die wir retten konnten, und auf die unhintergehbare Etablierung und Anerkennung der Gewalt- und Gesundheitsprojekte. Wir werden freundliche und bösartige Pläne schmieden, welche weiteren Räume wir uns demnächst erobern werden. Und den Deubel werden wir tun und dies hier bereits herausposaunen.

Nun neigt sich der 8. März dem Ende zu. Wir blicken besorgt auf die Uhr und beginnen, uns um unsere Enkelinnen zu sorgen, die wohl noch immer ihren Protest gegen die Ausgrenzung ihrer ausländischen und behinderten MitschülerInnen auf die Straßen malen, in Diskussionen das nachholen, was ihnen die schulische und berufliche Bildung nicht bietet, oder einfach zu lange auf ein Frauen-Nachttaxi warten müssen. Sabine Klein-Schonnefeld

Die Autorin ist Leiterin der „Arbeitsstelle gegen sexuelle Diskriminierung und Gewalt am Ausbildungs- und Erwerbsarbeitsplatz“ an der Universität Bremen