„Danke, Frau Senatorin!“

■ Frauenpower, Freud und Leid auf der Infobörse „Frauen erobern die Bürgerschaft“

Maren Bock von „belladonna“ ist wütend. Seit Mittwoch präsentiert sich das Frauenkulturzentrum auf der Infobörse zum Frauentag in der Bremer Bürgerschaft. Seit gestern weiß Maren Bock, daß die Kulturdeputation den belladonna-Etat um 42.000 Mark gekürzt hat. Das bedeutet, daß etwa 40 Prozent des Kulturangebotes entfallen müssen. Was nun genau davon betroffen ist, kann Maren Bock noch gar nicht sagen. Aber sauer ist sie: „Der Deputationsbeschluß ist eindeutig eine politische Entscheidung gegen uns.“

Neben dem belladonna-Stand lehnt ein junges Mädchen. Zwei Frauen von Nitribitt informieren sie über den Kampf der Prostituierten um soziale und gewerbliche Gleichberechtigung. 70 Institutionen, Verbände und Initiativen von und für Frauen stellen auf der diesjährigen Infobörse ihre Projekte vor. Sie alle haben mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Doch während der drei Tage der Bremer Frauen-Infobörse wollen sie sich zeigen, sie wollen interessierte Frauen werben und andere Frauengruppen kennenlernen.

Die agilen alten Damen von den Grauen Panthern sammeln Unterschriften gegen die Telekom-Gebührenerhöhung, denn „Frauen werden nachweislich älter als Männer, vereinsamen daher auch mehr und sind infolgedessen mehr auf das Telefon angewiesen“, begründet Marga Sürstedt ihr Anliegen auf der Börse. Beratungszentren für Schwangere und junge Mütter stehen neben solchen für die berufliche Qualifikation von jungen Mädchen und Frauen. Der Frauenberatungsladen jedoch blieb fern. Er muß nach fast zehnjähriger Arbeit am 1.4. schließen, weil es vom Sozialressort keine Zuschüsse mehr gibt. Auf der kleinen Stellwand des Beratungsladens prangt sarkastisch ein neonfarbenes Pappschild: „Danke, Frau Senatorin!“

Der Frauensender Femme Kanal dagegen stellt sich vor – Sigrid Ormeloh und Silke Knäblein knüpfen schon mal erste Kontakte zu neuen Gesprächspartnerinnen für ihre Sendung. Zwischen Hausfrauen- und Reichsbund lädt eine schlanke Grauhaarige zum Seniorentanz ein. Die Gewerkschaftsfrauen nehmen Stellung zum Thema Ladenschlußgesetz. Ideen zu einer weltweiten Virginia Woolf-Frauenuni im Internet werden vorgestellt. Ein kurdisches Mädchen in einer traditionellen Tracht macht auf das Mädchen-Zentrum in Tenever aufmerksam.

Doch unter all den Aktivitäten verbirgt sich immer wieder der Rotstift. Das Frauentherapiezentrum muß wegen der Kürzungen aller Förderungen ab 1996 auf sämtliche Beratungen und Therapien Gebühren erheben. Dadurch können gerade Frauen mit geringerem und keinem Einkommen die Angebote nicht mehr in Anspruch nehmen. Und die Informations- und Fortbildungsangebote für Schulen, die die Beratungsstelle gegen sexuellen Mißbrauch an Mädchen – Schattenriss – in den letzten Jahren eingeführt hat, sind von erneuten Kürzungen bedroht.

Nur mit den BesucherInnenzahlen können alle zufrieden sein: Etwa tausend Interessierte in den ersten zwei Tagen schätzt Ulrike Hauffe von der Gleichberechtigungsstelle, die Initiatorin der Infobörse. Ihr war es sehr wichtig, daß die Frauenorganisationen, statt wie letztes Jahr in der Unteren Rathaushalle abzutauchen, nun die Bürgerschaft „erobert“ haben. Wer also die Schwelle nimmt, kann sich heute noch von 10 bis 17 Uhr über die Vielfalt Bremer Frauenaktionen informieren. Zweite Etage.

Birgit Köhler