Gruselkabinett regiert die Türkei

■ Die neue türkische Regierung besteht aus neoliberalen Wirtschaftsbürokraten und strammen Rechtskonservativen

Istanbul (taz) – Gerade offiziell im Amt bestätigt, hat der neue Ministerpräsident der Türkei, Mesut Yilmaz von der Mutterlandspartei (Anap), angekündigt, den Ausnahmezustand in den Kurdengebieten schrittweise aufheben zu wollen. Die Bewohner mehrerer hundert evakuierter Ortschaften dürften zurückkehren.

Der türkische Staatspräsident Süleyman Demirel hatte die von Yilmaz vorgelegte Kabinettsliste bestätigt, damit ist die Regierung offiziell im Amt. Nächste Woche steht das Vertrauensvotum im Parlament an. Obwohl die Koalition zwischen (Anap) und der Partei des rechten Weges (DYP) in der Minderheit ist, wird das Parlament die Regierung bestätigen. Die „Partei der demokratischen Linken“ will sich die Regierung durch Stimmenthaltung stützen, und nur die islamistische Wohlfahrtspartei und die sozialdemokratische Republikanische Volkspartei werden mit „Nein“ stimmen.

Im neuen Kabinett sind zahlreiche Topbürokraten des staatlichen Wirtschaftsmanagements. Die Regierung hat sich neoliberaler Wirtschaftspolitik verschrieben: Sie verspricht, die Inflation zu beenden, Staatsbetriebe zu privatisieren und die Steuern zu senken. Die wirtschaftspolitischen Schlüsselministerien sind zwischen Anap und DYP aufgeteilt.

Beide Parteien benannten reaktionäre Minister, die ideologisch der faschistischen Nationalistischen Aktionspartei nahestehen. So Staatsminister Ayvaz Gökdemir von der DYP, der im vergangenen Jahr einige Europapolitikerinnen, darunter die Grüne Claudia Roth, als „Prostituierte“ bezeichnete, weil sie die türkische Kurdenpolitik kritisiert hatten. Der berüchtigte ehemalige Polizeipräsident Mehmet Agar wird neuer Justizminister. Der ehemalige Ausnahmerechtsgouverneur in den kurdischen Gebieten, Ünal Erkan, dessen Bürokratenkarriere mit zahlreichen unaufgeklärten politischen Morden befleckt ist, wird Staatsminister. Ömer Erzeren

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