Mit „allem Nachdruck“ ermittelt

■ Vorwürfe im Fall Joel Boateng für Staatsanwaltschaft abwegig

Die Staatsanwaltschaft schießt zurück: Der Vorwurf, sie versuche Joel Boateng – nach eigenen Angaben Opfer einer „Scheinhinrichtung“ durch zwei Hamburger Polizisten – mit „dubiosen und rechtswidrigen Ermittlungsmethoden unglaubwürdig zu machen, um so eine Tataufklärung zu verhindern“, sei schlicht „abwegig“. Dem „von Boateng erhobenen Vorwurf“ werde „mit allem Nachdruck“ nachgegangen. Nicht die Ermittlungsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft, sondern die vom „Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte“ erhobenen Vorwürfe der „Aussageerpressung“ und „einseitigen Ermittlungsführung“ würden „Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Boateng verstärken“. Allerdings räumt Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger „in der Person des Zeugen Boateng begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Darstellung“ ein. Er bestätigt aber, daß „Personen seines (Boatengs) Umfeldes“ von der Staatsanwaltschaft oder Ermittlern der für Beamtendelikte zuständigen „Dienststelle für interne Ermittlungen“ (DIE) vernommen wurden, um „entweder die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu stützen oder aber die Polizei“ von dem „schweren Vorwurf entlasten zu können“.

Wie diese Umfeldermittlungen zumindest teilweise ausgesehen haben dürften, davon weiß ein Schwarzafrikaner zu berichten, dessen Gedächtnisprotokoll einer polizeilichen Vernehmung der taz jetzt bekannt wurde. Der Mann, der Ende Januar in St.Pauli wegen geringfügigen Drogenbesitzes vorläufig festgenommen worden war, wurde nach eigenem Bekunden von DIE-Ermittler B. Straffreiheit in Aussicht gestellt. Bedingung: Er müsse bestätigen, daß der ihm bekannte Boateng die Scheinhinrichtungs-Beschuldigungen nur aufgestellt habe, um sich – etwa über Medienhonorare – persönlich zu bereichern. Zudem hätte der Beamte keine Zweifel daran gelassen, daß es sich bei den Scheinhinrichtungsvorwürfen Boatengs um „eine Lüge“ handele. Marco Carini