Aufrüstung im Kampf gegen die Korruption

■ Justizsenatorin veröffentlicht Richtlinien gegen bestechliche Landesbedienstete und Schmiergeld-Firmen

StaatsdienerInnen mit Bestechungsgeldern fette Aufträge zu entlocken soll für Unternehmen in Berlin bald schwieriger werden. Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) legte gestern Richtlinien zur Vorbeugung gegen Korruption vor, die der Senat in den kommenden Wochen beschließen und für alle Bediensteten des Landes und der Bezirke zur Maxime ihres Handelns erklären soll. Diese Richtlinien gelten als bislang wichtigstes Ergebnis der Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe aus Senat, Steuerfahndung und Rechnungshof, die seit vergangenem August den Berliner Gefälligkeitssumpf unter die Lupe nimmt.

Handeln tut not, denn der Morast wird tiefer. Während das Bestechungs-Dezernat der Staatsanwaltschaft 1990 noch 73 Delikte verfolgte, waren es im vergangenen Jahr schon 250. „Angesichts der riesigen Baustellen in der Stadt könnte die Gefahr der Korruption wachsen“, begründete Peschel- Gutzeit den Richtlinien-Entwurf. „Das Krebsgeschwür unserer Gesellschaft“, so die Justizsenatorin, wuchert besonders im Bausektor, weil der Staat für die neue Hauptstadt Milliardenaufträge in wenigen Jahren verteilt.

Die öffentliche Ausschreibung staatlicher Baumaßnahmen wird deshalb zur Pflicht, sobald ihr Wert 100.000 Mark übersteigt. Bislang galten 400.000 Mark als Untergrenze. Bedürftigen BeamtInnen fällt es in Zukunft folglich schwerer, unter Ausschluß der Öffentlichkeit mit dem Unternehmen ihrer Wahl einen Deal abzuschließen und dabei erkleckliche Provisionen zu kassieren. Außerdem betont die Justizsenatorin das „Vier- Augen-Prinzip“: Kein Bauauftrag darf von nur einem Staatsdiener vergeben werden. Immer müssen mindestens zwei über den Vorgang informiert sein – Vertrauen ist gut, Kontrolle aber besser. Auch dürfen Landesbedienstete nach einer Auftragsvergabe mit der betreffenden Firma keine Nachverhandlungen mehr führen, die den Preis in die Höhe treiben. Einmal bei Korruption erwischte Unternehmen bleiben von zukünftigen Ausschreibungen ausgeschlossen.

Die Richtlinien sehen zudem vor, die sogenannte „Innenrevision“ – behördeneigene Prüfkommissionen – zu stärken. Die beamteten Spürhunde werden dann jederzeit nach unerlaubten Handsalbungen ihrer KollegInnen forschen, haben Einsicht in jede Akte und Zutritt zu allen Hinterzimmern. Bisher mußten sich die RevisorInnen ankündigen. Ergebnis: hektisches Treiben in den Büros und Hochbetrieb am Reißwolf.

So macht sich die Anti-Korruptions-Gruppe nicht überall beliebt. Ihr Vorschlag, die mit der Auftragsvergabe beschäftigten BeamtInnen regelmäßig auf andere Posten zu versetzen, um Freundschaftsdienste für Firmen zu erschweren, findet im Senat bislang keine Zustimmung.

Gegenwärtig arbeitet Peschel- Gutzeits Verwaltung schon am nächsten Projekt: In der Justizverwaltung soll eine zentrale Erfassungsstelle für Korruptionsdelikte gegründet werden. Hannes Koch